Franz Ferdinand: menschliche Ängste
Sieben Jahre hat es gedauert, bis sich Franz Ferdinand mit The Human Fear musikalisch wieder zurückmelden. Sieben Jahre, die wie eine Ewigkeit anmuten und doch ein bisschen so wirken, als wären die Glasgower Indie-Aushängeschilder nie weg gewesen.
Franz Ferdinand sind eine dieser Bands, die jedem Indie-Head der letzten Dekaden ein Begriff sind. Weil sie „eh immer irgendwo da waren“. Und ja, klar, weil sich Songs wie Do You Want To, This Fire und der Überhit Take Me Out generationenübergreifend das Prädikat „prägend“ in die Gehörgänge von Indie-Enthusiasten eingehämmert haben. Umso erstaunlicher fast, dass es sieben Jahre gedauert hat, bis der Nachfolger von Always Ascending den Weg in die Musikwelt gefunden hat. Ja, eh, wir wissen es, Pandemie und so – aber dennoch. Mit The Human Fear beschreiten Franz Ferdinand nun gewohnte Wege: ein bisschen Garage-Rock, ein bisschen Artrock, ein bisschen Discotauglichkeit, Alex Kapranos unverwechselbare Stimme. Und ja, eine neue Drummerin gibt es mit Audrey Tait auch. Allerdings nicht der einzige markante Unterschied: die Themen auf The Human Fear sind dann doch nicht immer die Fröhlicheren. Es geht um Ängste. Menschliche Ängste, in verschiedensten Ausprägungen.
Elf Wege, sich der Angst zu nähern.
Das Thema der Platte ist nämlich ein omnipräsentes: Angst. Angst in verschiedensten Facetten. Etwa Angst vor dem Abschiednehmen wie in Tell Me Shuld I Stay, die in der Musik fast schon obligatorisch behandelte Angst vor dem Beziehungsende wie in Bar Lonely oder inThe Birds, die Angst, den Anschluss an seinen Freundeskreis zu verlieren. Andererseits auch wieder die Angst vor dem Commitment, wie es Alex Kapranos etwa in Night Or Day ausdrückt. OderThe Doctor, das die Angst vor der Rückkehr in die Normalität nach einem (in diesem Fall wohl metaphorisch zu sehenden) Krankenhausaufenthalt thematisiert. Man sieht: Angst ist vielfältig – eingebettet in Franz-Ferdinand-typischen Sound wirkt das Album dennoch fröhlich. Trotz der Inhalte, und alleine dies hat schon fast etwas leicht Surreales an sich. Darf man zu und über Ängste tanzen? Die Antwort geben Franz Ferdinand selbst: There is nothing that makes you feel more awake than The Human Fear. Man darf also.
Fazit? Wer glaubt, dass sich Franz Ferdinand musikalisch komplett neu erfinden, der irrt. Wo Franz Ferdinand draufsteht, ist Franz Ferdinand auch 2025 immer noch ungefiltert drinnen. Inhaltlich wird hier ein interessanter Spagat geschaffen, der alleine schon fast für eine Empfehlung ausreicht. Und jede Band, die nach und trotz Über-Alben wie You Could Have It So Much Better und Franz Ferdinand immer noch neue Nuancen an Relevanz entdeckt, darf man getrost auch mit Album #6 weiterempfehlen.
Franz Ferdinand: The Human Fear
VÖ: 10.01.2025, Vinyl / CD / Tape / Digital, Domino
22.02.25 – München, Muffathalle
24.02.25 – Berlin, Huxleys Neue Welt
28.02.25 – Köln, Die Kantine
30.05.25 – Hamburg, Stadtpark
30.05.25-01.06.25 – Mannheim, Maifeld Derby Festival