Wenn das Licht zerbricht – Tiefe Trauer im Kino
Una und Diddi führen eine heimliche Beziehung. Das soll sich aber ändern, als Diddi aufbricht, um endlich seine Fernbeziehung zu beenden. Doch als er auf dem Weg zu seiner Freundin Klara tödlich verunglückt, beginnt für die Hinterbliebenen eine Trauerreise, bei der sie sich zwischen Verlust, Eifersucht und neuen Emotionen unterstützen müssen.
Ins Leere starrend sitzt Una da und genießt den Sonnenuntergang. Mit ihr ist Diddi, Studienkollege und Freund. Sie schwelgen nicht in der Vergangenheit, sondern reden über ihre Zukunft. Wo sie hinwollen und vor allem, wie es mit ihnen weitergeht. Diddi ist seit Jahren in einer Beziehung – mittlerweile Fernbeziehung – die er endlich beenden möchte. Am nächsten Tag wird es so weit sein. Er wird sich mit Klara treffen, um Schluss zu machen. Doch auf dem Weg dahin gibt es eine Explosion in einem Tunnel. Dutzende Tote und Schwerverletzte. Als Una und Diddis Freunde davon erfahren, bangen sie um ihn, bis dass sie die schmerzende Nachricht erhalten: Diddi ist tot.
Es passiert so viel
Die Zeit scheint still zu stehen. Lange Kamerafahrten und wenig Schnitte ziehen einen in die emotionale Welt von Una und ihren Freunden. Der Film startet dabei sehr direkt, ehe er dann sein Tempo stark reduziert. Er zeigt noch Unas Lebensrealität – sie studiert an der Kunsthochschule, wo sie sich mit Performance Art und dergleichen auseinandersetzt. Sobald dieser Alltag etabliert wird, wird sie auch schon herausgerissen – mit einer Plötzlichkeit, die sich trotzdem gemächlich und dadurch noch schmerzhafter anfühlt.
Während sie sich zu Beginn noch mit Gunni – einem Mitglied der Band von ihr und Diddi – gegenseitig tröstet, stoßen über den Verlauf des Films immer mehr hinzu. So auch Klara, die trauernde Freundin von Diddi, von der er sich schließlich niemals getrennt haben wird. Das öffnet für Una eine noch größere Wunde. Ein Zwiespalt, den man nur ganz schwer bis gar nicht lösen kann. Ein Zwiespalt, der auch dem Publikum des Films unfreiwillig aufgebürdet wird und einem die Trauer noch näher bringt. Hinter der Handlung von Wenn das Licht zerbricht, steht letzten Endes ein solch einfach banales Konzept, das im Thema Tod seine Wirksamkeit vollkommen entfalten kann. So passiert aktiv recht wenig, aber in der Emotion doch so viel.
(Kein) Schnitt ist alles
Die Machart eines solchen Films ist dabei die halbe Miete. Doch wie bringt man solch rohe Emotion wie die nach dem Verlust einer geliebten Person auf die Leinwand? Wenn das Licht zerbricht bietet dafür erneut eine so triviale Antwort, die aber von großem Können zeugt: Schnitte werden nur dann gesetzt, wenn man sie wirklich braucht. So entstehen Szenen, die ganze Lieder umspannen und eine unerwartete Wucht entfalten, die einen garantiert in Tränen ausbrechen lässt.
Die gelb-grünen Töne, die tendenziell immer mehr ins Kühle eintauchen, hüllen einen zusätzlich in die für die Figuren so karg wirkende Umgebung. Dazu wird die Bildwelt ergänzt, die mit 16 mm analogem Film eingefangen wird. Das erzeugt ein weicheres Aussehen, als man es heutzutage so oft gewöhnt ist. Die Lichter brechen aus und erzeugen um sich einen Schein und ein Glühen, die ein nostalgisches Gefühl transportieren. Die natürliche Körnung unterstützt das noch zusätzlich.
Selbstverständlich wird auch die Kamera zu ihrem Vorteil genutzt. In den langen Einstellungen fährt die Kamera mit ihren Protagonist:innen mit, oft nähert sie sich auch einfach langsam über einen längeren Zeitraum, um die Spannung unweigerlich auf die Spitze zu treiben. Die Platzierung spielt dabei auch immer eine große Rolle. So wird Glas oft für Spiegelungen oder transzendente Zwischenräume gespielt, um die Charaktere näher oder entfernter von ihrer eigenen Gefühlswelt darzustellen.
Mit all diesen Mitteln geht der Regisseur Rúnar Rúnarsson mit Leichtigkeit um und weiß genau, wie er den Zuseher:innen seine emotionale als auch physische Welt präsentieren muss, damit sie ihre volle Wirkung entfaltet.
Durchgehend Gänsehaut
Wenn das Licht zerbricht braucht tatsächlich keine 10-20 Minuten, um das erste Mal mit voller Kraft einzuschlagen. Dass er diese Wucht dann bis zum Ende hält, ist ein Erlebnis, das man so nur selten im Kino sieht. Selbst nach dem Verlassen des Saals bleibt unweigerlich eine Gänsehaut zurück. Es ist ein Film, den man am besten nicht alleine sieht, sondern gemeinsam mit anderen erlebt. Denn jeder reagiert anders auf Trauer, was dieser Film mit all seinen Figuren auf so eine ungeschönt schöne Art und Weise transportiert.
Die Konstellationen brauchen dabei auch kaum Erklärung, weil die Dynamiken so gut gespielt sind, dass sie sich von selbst ergeben.
Selbst die Nebencharaktere stehen den Hauptfiguren im Schauspiel in nichts nach, obwohl es keine leichte Aufgabe ist, mit so wenig Dialog so viel auszudrücken. Aber eine Sekunde, in der hier nichts gesagt wird, könnte eine ganze Dialogszene ersetzen. Denn die Augen tragen unendliche Welten, was Rúnarsson mit seiner Regiearbeit hier perfektioniert.
Fazit
Ljósbrot / Wenn das Licht zerbricht ist einer dieser Filme, der trotz seines langsamen Tempos in keiner Sekunde langweilig wird, weil er einen emotional ab der ersten Sekunde in einen Bann zieht, der selbst über dessen Laufzeit andauert. Alle filmischen Elemente ergänzen sich perfekt und bringen einem so eine simple Geschichte nah, die man trotz – oder gerade wegen ihrer Einfachheit – unbedingt gesehen haben muss.
Der Film wird ein zweites Mal am 03.05.25 am Crossing Europe Filmfestival präsentiert und bekommt am 05.05.25 einen regulären Kinostart.
Ljósbrot | When The Light Breaks
Regie: Rúnar Rúnarsson
82 Minuten, Isländisch, OmdU
Mit Elín Hall, Katla Njálsdóttir, Ágúst Wigum
Kinostart: 05.05.2025 Moviemento
filmfestival linz
29 april – 04 mai 2025
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