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Foto: Christoph Leeb

Maifeld Derby 2025: Auch der Himmel weint

Ein wechselhafter zweiter Tag am Maifeld Derby Festival. Neben heißen Temperaturen brachte er auch eine ausgiebige Gewitterunterbrechnung. Das tat der ausgezeichneten Stimmung aber keinen Abbruch. Ein mit unter anderem Acts wie Franz Ferdinand oder Soapbox musikalisch hervorragender Tag mit einem sehr sentimentalen Abschluss.

Leicht erschöpft vom Vortag ging es sehr sonnig und bei Temparaturen um die 30 Grad hier in Mannheim weiter. Der Eiskaffee schmeckt noch immer hervorragend, das Team noch gut drauf. Kann doch nichts schief gehen, oder?

Das ging es aber dann ein bisschen. Denn nicht nur viele Fans, Teammitglieder und Co sind an diesem zweiten und damit vorletzten Tag sentimental, lassen die eine oder andere Träne fallen, auch der Himmel hat das getan. Am Nachmittag ging dann der Evakuierungsbefehl die Runde und alle flüchteten in das Palastzelt und in das Stadion. Man muss sagen, alles sehr entspannt und geordnet. Top organisiert, liebes Derby Team! Und am Ende musste mit Dog Race nur eine Band abgesagt werden, alles andere konnte zeitverzögert noch stattfinden. Aber kommen wir mal zu den Bands, da gab es nämlich an diesem Samstag genug großartig zu sehen und zu hören!

Chanel Beads

Indoor als erste Band des Tages on stage: Chanel Beads. Das Projekt rund um Shane Lavers bricht alle Konventionen. Etwas Post-ig angehaucht, dan mal wieder expermenteller, dazu Lyrics, die zum richtigen Zeitpunkt ausbrechen. Passt in einen kleinen Konzertkeller – aber auch auf große Festivalstages. Guter Auftakt!

Soapbox

Den Auftakt auf der Arena Bühne am zweiten Festivaltag machten Soapbox. Und welchen Auftakt vor allem Sänger Tom Rowan geliefert hat. Es waren noch keine 30 Sekunden des ersten Songs vergangen, da startete er bereits in das Publikum und holte die Besucher:innen nach vorne. Ein sehr impulsiver Start, der auch Taktangebend für das gesamte Set war. Feiner, schneller und schön aggressiver Alternative Rock, gepaart mit dreckiger britischer Schnauze. Das fetzt, das macht Laune und klingt ausgezeichnet. Das Publikum von Anfang an sofort begeistert und im richtigen Eskalationsmodus. So soll das sein!

Theodor

Die Unwetterwarnung gabs schon – doch Theodor aus Darmstadt groovten noch durchs gesamte Set. Hinten zogen dunkle Wolken auf, on stage sorgten Theodor noch für musikalischen Sonneschein. Sollte man eine Band für „hey, am Nachmittag mit guten Vibes auf einem Festival“ suchen, ist Theodor der richtige Act. Groovt, fetzt, dazu noch sympathisch auf der Stage – was will man mehr?

Sophia Kennedy

Nun, hier können wir leider nix schreiben – nach ein paar Takten ging die Welt unter, und auch wir suchten Zuflucht unterm Dach. Sorry, Sophia, denn eigentlich mögen wir deine Musik sehr, sehr gerne!

King Hannah

Nach etwas witterungsbedingter Verzögerung – immerhin hat das Gelände überlebt – durfte dann King Hannah im Palastzelt auftreten. Dream-Pop, Atmosphäre, eine Stimme, die den geneigten Zuhörer mitnimmt. Da fehlte es an nix, und eigentlich ist King Hannah ein Act wie gemacht fürs Maifeld Derby. Hierzulande noch nicht so bekannt, wie sie es verdienen würde, aber ein heimlicher Headliner der Maifeld Derby-Besucher. Kann man mal so machen!

Tara Nome Doyle

Nach dem Gewitter war der Zeitplan vorerst noch etwas durcheinander. Sodass wir uns gar nicht sicher waren ob Tara Nome Doyle überhaupt auftritt oder der Slot gecancelt wird. Wurde er gottseidank nicht! Bei den ersten Tönen, die wir von unserem Büro aus gehört haben, sind wir aber dann gleich rübergestartet. Was für eine himmlische Stimme, die einen sanft umgarnt. Der gleichzeitig immer wieder mal kalt wirkt, aber auch warm. Wie wenn man an einem schneereichen Samstag in eine Decke eingekuschelt in der warmen Stube sitzt. Instrumental reduziert, dafür in seiner Reduktion umso komplexer. Einfach ein perfektes Gesamtwerk.

Die höchste Eisenbahn

Nach 2014 zum zweiten Mal am Maifeld Derby: die höchste Eisenbahn. Damals noch auf der intimen Parcour-Stage, nun als Prä-Headliner auf der großen Stage. Dass die Fangemeinde größer wurde, ist klar. Im September gibt es dann auch eine neue Platte, und live machen Die Höchste Eisenbahn immer noch Spaß. Sehr viel Spaß – umso verwunderlicher, dass der Funke im Publikum nicht so ganz überspringen wollte. Geneigtes Mitwippen ja, Ekstase nein. Macht ja nix, dann mit neuer Platte im Herbst wieder in Clubs. Macht dann sicher auch wieder Spaß.

Alex Mayr

Gern gesehener Gast am Maifeld Derby: Alex Mayr. Wie gemacht fürs Derby: Singer/Songwriterin mit einem ganzen Arsenal an Musikinstrumenten. Dazu eine sympathische Künstlerin on stage, die die Regenmassen einige Stunden zuvor vergessen machte. Schöner Parcours-Act!

The Notwist

Nun, eine Band, die man am Maifeld Derby feiert. Und nicht nur dort. Denn The Notwist haben nix verlernt. Das Ensemble aus dem beschaulichen Weilheim in Oberbayern zählt nicht von ungefähr seit 1989 zu den Aushängeschildern des deutschen Indies. Selten sonst kriegt man solch abwechslungsreiche Handarrangement in die Gehörgänge wie bei The Notwist. Ausgefeilter Indie, immer mit neuen Nuancen, und ein echtes Liveerlebnis. Highlight des Festivaltages!

Saló

Das Unwetter hat dann doch den Zeitplan ordentlich durcheinander geworfen, sodass unserer Österreich-Export Saló mit ca. 45 Minuten Verspätung sein Set eröffnete. Und hier musste wohl eindeutig angestaute Energie raus, denn das war dann gleich mal ein Start von 0 auf 1000 Prozent. Mit der von ihm bekannten Wucht auf der Bühne brachte er die Arena Bühne zum Beben. Das Publikum sofort gefixt und sogar erstaunlich textsicher. Die Setlist eine gute Mischung aus neueren Songs und den Klassikern wie Internetfreundin. Wenig Gerede, einfach nur Vollgas. Sehr fein!

Psychedelic Porn Crumpets

Den Abschluss auf der Open-Air Bühne, die durch den Regen was von schlammwüste hatte, machten die Australier von den Psychedelic Porn Crumpets. Schade eigentlich, denn das wäre im Sonnenuntergang im Trockenen nochmal besser als ohnehin schon geworden. Da wäre der Staubtornado garantiert gewesen. Die australische Psychedelic Rock Band füllte mit unglaublicher Energie diesen traditionellen Rock-Song, wie es in den Vorjahren unter anderem Kadavar und King Gizzard & The Lizard Wizard getan haben. Die Gitarren laut, aggressiv, aber stets auf den Punkt. Von Beginn an beim ersten Song Surf’s Up zieht das einen in den Bann und man kann einfach nicht mehr ruhig stehen. Das war ein Abriss der allerfeinsten Art, well done!

Konstantin Gropper, Freunde und der Chef

Den Abend beschließen auf der Parcour-Stage durfte Konstantin Gropper. Besser bekannt unter Get Well Soon. Die Frage, ober er Freunde hat, kann man an diesen Abend ob der bummvollen Stage mit einem eindeutigen „Ja“ beantworten. Auch wenn er eigentlich nie unter seinem bürgerlichen Namen auftreten wollte. Macht nix, denn verlernt hat Herr Gropper nicht. Und sorgte im Set auch für DEN Maifeld-Moment: Chef Timo als Ex-Get Well Soon-Bassist ließ es sich nicht nehmen, für zwei Nummern selbst zum Bass zu greifen. Standing ovations? Natürlich. Ehrlicher tosender Applaus, der auch Timo Kumpf zum Lächeln brachte.

Franz Ferdinand

Headliner des Abends: Franz Ferdinand. Die Gruppe rund um Front-Rampensau Alex Kapranos ist auch 2025 noch immer Schottlands mit heißester Musikexport. The Human Fear heißt die neue Platte, die heuer erschienen ist. Die Nummern selber fügen sich auch gut ins Set ein, auch wenn natürlich Indie-Evergreens wie Do You Want To oder Take Me Out das Palastzelt in seinen Grundfesten erschüttern. Immer noch stadiontauglicher Indie-Rock, gemacht für große Bühnen. This Fire is still burning, oder so. Ein würdiger Headliner fürs Maifeld Derby, wie wir meinen. Ein Privileg, die auch noch mal sehen zu dürfen!

Fazit

Auch der zweite Tag am Maifeld Derby zeigte wieder wie schade es ist, dass es zu Ende geht. Musikalisch höchst abwechslungsreich und in seiner ganzen Bandbreite auch sehr großartig, das Team so liebenswert wie immer und bis auf das eine Gewitter war uns auch der Wettergott gnädig. Ein Lob hier auch an das gesamte Team für die sehr professionelle Abwicklung des Gewitters! So langsam ist es aber auch die Trauer über den Abschied der sich breit macht und spürbar ist. Zurecht, denn wir alle und die Musikszene verlieren ein großartiges Festival!


Maifeld Derby 2025 – save the last ride

30. Mai bis 1. Juni 2025
Maimarktgelände Mannheim (GER)

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