KÁLA: Thesis EP

Es tut sich was im heiligen Land! Kála aus Tirol haben sich zwar erst vor 2 Jahren gegründet, haben aber bereits mit ihrer ersten EP „Antithesis“ ordentlich eingeschlagen. Die „Thesis“ dazu erscheint nun ein Jahr später bereits über das deutsche Label Uncle M Music. Bravo!

Oft scheint es mir ja, als wäre Tirol musikalisch gesehen von einer Art unsichtbaren Mauer umgeben (kann vielleicht auch an den Alpen liegen). Umso erfreulicher dass immer mehr Bands es mittlerweile schaffen diese Barriere zu durchbrechen. Tripsitter, Skyshape, Mother’s Cake (und wie), 7 Years Bad Luck (sowieso) – um nur einige zu nennen – haben dieses Kunststück bereits fertiggebracht. kála haben diesen Schritt spätestens jetzt ebenfalls gemacht. Die Fünf Innsbrucker tragen ihre Einflüsse offen vor sich her. Bands wie Landscapes, The Tidal Sleep, die frühen Pianos Become The Teeth und La Dispute schießen einem da sofort in den Kopf. Melodischer Hardcore-Punk mit Post-Rock Tendenzen, leicht angezerrte Gitarren, scheppernder Bass und ausgeklügeltes Songwriting. Gesanglich erinnert mich das vor allem an die wieder vereinten Australier Break Even. So weit, so gut!

Lyrisch ist „Thesis“ eine Charakterstudie geworden. Die fünf Songs auf der EP behandeln Gefühlswelt und zwischenmenschliche Beziehung der beiden Charaktere Emil und Helena und gehen dabei musikalisch allesamt nach ähnlicher Rezeptur vor. „Monologue“ bietet uns eine kurze, atmosphärische Einleitung (übrigens mit schickem Musikvideo dazu) in die Platte, nimmt uns erst mal an der Hand und macht uns mit dem eingangs beschriebenen Sound vertraut, der die EP wie ein roter Faden durchzieht. Dann nimmt der Song etwas Fahrt auf, hat aber immer noch einen leicht zurückhaltenden Intro-Charakter.“Let them starve to death“ schreit der Sänger wiederholt, bis die Instrumente um ihn herum nach und nach aussetzen.

„Emil Sinclair“ knüpft da umgehend an. Ein gefällig treibender und melodischer Hardcore Song, der allerdings verglichen mit dem restlichen Material noch etwas mit Ladehemmung zu kämpfen hat. Die Musik plätschert etwas zu solide dahin. Hier fehlt einfach noch das gewisse Etwas, um wirklich emotional voll einzuschlagen.

Richtig, richtig gut wird „Thesis“ dann aber ab der Hälfte. Nämlich genau dann, wenn kála etwas mehr Variantenreichtum in ihr Songwriting bringen, wie zum Beispiel beim epischen Finale von „Tristesse“, dass gleich mal die gute alte Gänsehaut auf den Plan ruft. Und das Qualitätslevel steigt dann mit „Helena“ gleich noch höher. Der vielschichtigste und abwechslungsreichste Song der EP – gespickt mit Rhythmus-Experimenten, Stop & Go Parts, hallbeladenen Gitarren und sogar einem wunderbar eingesetzten, kurzen Bläser-Arrangement. Auch die Vocals klingen hier am unmittelbarsten und emotionalsten.

Am Ende der EP hat sich dann mit „Disconnected“ sogar noch ein waschechter Hit versteckt. Der wiederkehrende, melodische Wechselgesang bleibt definitiv im Gehörgang hängen und erinnert mich auf angenehme Weise an MewithoutYou. Es sind oft diese kleinen Ecken und Kanten, verspielten Details und angenehmen Überraschungen im Songwriting von kála, die einen wirklich in Begeisterung versetzen können und das Ganze nochmal auf ein anderes Level hieven.

Mit so einer gelungenen, zweiten EP macht das Innsbrucker Quintett garantiert noch von sich reden, denn sie haben sich ihre eigene, kleine Nische in der österreichischen Musikszene gebastelt. Mit einem Sound der zwar nicht mehr unbedingt neu und revolutionär ist, aber hierzulande noch frisch und unverbraucht wie eh und je klingt. Eine kleine Frischzellenkur für den Hardcore – ein Schubs in die richtige Richtung! Ich bin gespannt auf mehr!

 

Kala_thesis

Tracklist

01. Monologue
02. Emil Sinclair
03. Tristesse
04. Helena
05. Disconnected

VÖ: 13.11.2015, via Uncle M Music

Download: iTunes

 Stream: Spotify

Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.