Foto: Christoph Thorwartl

Lautstark! 2017 – Starke Steigerung zum Vorjahr

Der Posthof Linz war am Freitag wiedermal Schauplatz des Lautstark! Contest 2017. Unterstützt wurden die fünf Besten in diesem Jahr von AVEC. Grundsätzlich ein ordentlicher Abend, besser als im letzten Jahr, aber es besteht noch immer Luft nach oben.

Per se muss man gegenüber Band Contests immer kritisch sein. Sie sind eigentlich ein Relikt aus jener Zeit, wo Garagenbands noch wie Pilze aus dem Boden sprossen und dienen in den letzten Jahren primär der Ausbeutung von Bands. Einer finanziellen Umschichtung von der Geldbörse der Besucher in jene des Veranstalters, nicht in jene der Bands. Es gibt die miserabel schlechten Vertreter der Marke Local Heroes, es gibt die etwas schlechten der Marke SPH und die durchaus guten der Marke Lautstark. Hier sitzt noch eine ernsthafte, mit Fachwissen ausgestattete Jury dahinter und die Bands haben einen echten Mehrwert, finanzieller als auch nicht finanzieller Art. So etwas leistet sich die „Konkurrenz“ nicht. Trotzdem halte ich die Aussagekraft derartiger Wettbewerbe für überbewertet. Weder der Nino aus Wien, noch Bilderbuch oder Wanda sind durch den Gewinn eines Bandcontests zu international erfolgreichen Künstlern geworden. Aber nun zu diesem Abend und gleich vorweg, ich hab weniger Grund mich zu beschweren als im letzten Jahr, diesesmal wird mein Postfach wohl keine Hassemails erhalten.

Lara Marie und Band
Die junge Dame inklusive Begleitband eröffnete den Abend, im Juryvoting reichte es im Vorfeld fürs Mittelfeld. Dem kann ich mich durchaus anschließen. Gesanglich solide für ihr Alter, auch wenn ab und zu der Ton nicht genau gehalten wurde und auch instrumental der ein oder andere Verspieler dabei war. Schade wie schon damals beim Spielraum Auftritt, etwas zu viele Coversongs. Da hätte ich mir schon mehr Eigenkompositionen gewünscht. Aber wiedermal eine schöne sprachliche Abwechslung auch wenn meine Spanisch Kenntnisse zu eingerostet sind, um etwas zu verstehen. Also alles in allem solide Performance aber noch genug Luft nach oben.

 

 

Jederzeit
Könnten Männer Kinder kriegen würde das Kind von Andreas Gabalier und einem der Edlseer wohl Jederzeit heißen. Lederhosen und Quetschen fehlen noch fürs perfekte Volksmusik Image, aber das kann man ja noch besorgen. Andy Borg hätte im Musikantenstadl eine richtige Freude mit der Band. Freunde dieses Genres, dass ich automatisch mit Biertischen und schunkelnden Menschen 50 aufwärts verbinde, kamen aber wirklich auf ihre Kosten. Denn technisch war das Gezeigte in Ordnung. Die Band machte das was sie machen wollte auch gut und eigentlich fehlerfrei und fürs nächste Feuerwehrfestival sicher wunderbar. Am Ende ist es bei Jederzeit reine Geschmackssache und sehr subjektiv ob man das Gezeigte toll findet oder nicht, meines war es überhaupt nicht. Für Volksmusikfans wunderbar, für alle anderen, guter Moment um Biernachschub zu holen.

 

 

Anstaltskinda
Ich erinnere mich mit Qualen noch an den Hip Hop Act des letzten Jahren, sie wissen schon, der Bass muss ficken. Auch im Vorfeld dieses Abend befürchtete ich darum, dass ich mich wieder nach starkem Gehörschutz sehnen muss. Eine Vorrecherche der Anstaltskinda mittels Youtube konnte mir nicht wirklich diese Sorge nehmen. Aber, und das überrascht mich noch immer, Live waren die Anstaltskinda erstaunlich gut, wirklich, ich mein das vollkommen ernst. Derart positiv überrascht wurde ich schon längere Zeit nicht mehr. Im Gegensatz zum produzierten Song war die Musik live besser abgestimmt, weniger Durcheinander, stimmiger, einfach viel besser. Von der unglaublichen Energie, welche die kleine Gruppe über jeden m² der Bühne verteilte, kaum zu sprechen, sympathisch noch dazu. Würde ich sofort für einen Hip Hop Konzertabend buchen. Meine positive Überraschung des Abends.

 

 

Gin Sonic
Großer Genrecut nun bei Gin Sonic. Klassischer amerikanischer Rock stand auf dem Programm und auf keinen Fall Punk wie der Kollege von Live Radio im Vorfeld ankündigte. Recht viel gibt es hierzu auch nicht zu sagen, außer solide Performance ohne wirklichen Fehler. Die kleinen Technikprobleme sind verschmerzbar und können jedem mal passieren, nichts schlimmes. Mit Abstand die aktivste Band des Abends, ständiger Positionswechsel und viel Leidenschaft dahinter. Für den großen Durchbruch fehlt es aber meiner Meinung noch an dem gewissen Etwas, diesem USP das Gin Sonic markant aus anderen Bands dieses Genres und ähnlicher Größe heraushebt.

 

 

AVEC
Außer Konkurrenz dann AVEC, die keinen Bandcontest mehr braucht. Die erfahrenste Künstlerin dieses Abends hat bereits bewiesen was sie kann, an ihrer Qualität gibt es keinen Zweifel mehr. Zufrieden wie bereits am Rock im Dorf lauschte ich Hits wie Granny welche mich wiedermal in eine Stimmung von Glückseligkeit versetzen, trotz eigentlich melancholischem Text. Kopf ausschalten und einfach genießen. Leider der Veranstaltung geschuldet kurzes Set, aber sie war ja „nur“ Special Guest an diesem Abend.

 

 

 

We Love Silence
Last but not least die Sieger vom Lautstark! Contest 2017, We Love Silence. Wiedermal stimme ich mit der Jury hier zu 100% überein, die beste Band dieses Abends. Mit Cello bewaffnet ein komplett anderes Programm als alle anderen Bands zuvor. Eine Performance zum Genießen, einfach zurücklehnen, Mund halten und fokussiert zuhören. Die Band beweist wiedermal das es nur weniger Musiker bedarf, um zu beeindrucken. Melancholische Balladen die gerade wegen dieser Stiller, dieser Ruhe die auch die Band ausstrahlt umso besser wirken. Verdienter Sieger und ich hoffe die Truppe demnächst mal als Support im Posthof oder wo anders wieder hören zu dürfen.

 

 

Ein über weite Strecken gelungener musikalischer Abend, der nach der Teilkatastrophe des letzten Jahres eine Genugtuung war. Richtig überzeugt bin ich von dem Konzept Bandcontest aber weiterhin nicht, wer gut genug ist, braucht derartige Veranstaltungen nicht und wer zu schlecht ist, wird auch mit diesem Wettbewerb nicht zum großen Durchbruch kommen.

Fotos: Andreas Wörister (obere Gallerie / Slih’s Photography) und Christoph Thorwartl (untere Gallerie / Christoph Thorwartl Photography)

 

Musikliebhaber, Festivalreisender, Konzertsüchtig, Vinylnerd, Photograph, Konzertveranstalter, Linz-Liebhaber