Mira Lu Kovacs am Ahoi! Pop Festival im Posthof Linz
Mira Lu Kovacs am Ahoi! Pop 2021 / Foto: Christoph Leeb

Ahoi! Pop 2021: zerbrechlich und tanzbar

Fast schon traditionell findet Anfang November eine feine Konzertauswahl im Rahmen des Ahoi! Pop-Festivals im Linzer Posthof statt. Auch 2021 gibt es zwei Abende, die heuer ausschließlich mit heimischer Pop-Kost aufwarten. Am Freitagabend zu Gast: die wohl beste Stimme Österreichs, eine selbstbezeichnete „Graveyard-Pop“-Künstlerin und einen Opener, wie ihn der Posthof schon lange nicht mehr gesehen hat.

Freitagabend, Anfang November, Hafen Linz: seit mittlerweile zehn Jahren ein Fixtermin für alle FreundInnen des Pops in all seinen Facetten und all jene, die ihren Horizont erweitern möchten. 2021 steht das Festival, das neben etablierten Größen (Awolnation, St. Vincent, Kraftklub, The Subways, um nur einige zu nennen) oft internationale Geheimtipps parat hatte. 2021 ist das Ganze ein bisschen anders – ehschowissen wieso. Deswegen konzentriert sich das Lineup heuer auf heimische MusikerInnen. Deutlich wird, dass diese durchaus für größere Stages geeignet sind. Das wird spätestens beim Opener am Freitag deutlich. Das Wiener Duo Laikka hat mit „Morning Glow“ vor kurzem erst ihr Debut veröffentlicht, macht aber damit bereits klar, dass sie nach Höherem streben. Electronic Pop der Marke „live ein Brett“ entpuppt sich die Platte als eine der vielseitigsten, die wir dieses Jahr hören durften. Singles wie „The Glow“ und „The Answer“ gehen ins Ohr, ins Mark und ins Tanzbein. Sichtlich schön auch die ehrliche Freude, mit dem das Duo on stage agierte. Ein Extrapunkt übrigens an den Lichttechniker der Show: so on point haben wir auch selten jemanden am Lichtpult gesehen. Gerne wieder – die Platte auf Vinyl ist ein Pflichtkauf für jeden Pop-Fan in Österreich.

Danach: Stilwechsel. Monsterheart hieß der zweite Act des Abends, der musikalisch doch in komplett andere Gefilde abdriftet. Anna Attar alias Monsterheart veröffentlichte mit „The New“ ihr aktuellstes, nunmehr drittes Album unter diesem Namen – stilistisch sind verschrobene, manchmal bereits ein bisschen schrullig anmutende Arrangements und eine Attitüde auf der Bühne, die man – und diese Floskel ist absolut positiv gemeint – nur als „authentisch“ bezeichnen kann. Eine Künstlerin, die sich auf der Bühne genau so gibt, wie es ihre Musik vermuten lässt. Im Pop-Business auch nicht immer selbstverständlich, und samt Freestyle-Nummer und Mitsing-Hymne „Monsterheart“ am Schluss ein sympathischer Auftritt.

Headliner des ersten Abends war eine Künstlerin, die man getrost als „stimmliche Urgewalt“ bezeichnen kann: Mira Lu Kovacs. „Schmieds Puls“ wurde hinter sich gelassen, und neben My Ugly Clementine hat die Wienerin mit „What Else Can Break“ solo eine Platte veröffentlicht, und 5KHD gäbs ja auch noch. Ausgelastet ist die Dame also. Das Album „What Else Can Break“ ist für uns nicht zu Unrecht eine der stärksten heimischen Veröffentlichungen des Musikjahres und eine der persönlichsten Platten, wie sie uns im Interview dazu verraten hat. Live mit bekannten Gesichtern als Begleitung (Beate Wiesinger am Bass, My-Ugly-Clementine-Mitglied Kem an den Drums) entpuppt sich das gut 70-minütige Set als musikalisches Gesamtkunstwerk. Auch wenn wir Mira Lu Kovacs das Prädikat „Country“ immer noch nicht abnehmen, schafft es Mira Lu Kovacs, die Zerbrechlichkeit der Stücke perfekt mit ihrer – meine Konzertbegleitung nannte sie anerkennend „sirenenhaft“ – unverwechselbaren Stimme zu kombinieren. Ein Konzert, wo es zurecht komplett still im Saal ist, und wo man an Mira Lu Kovacs‘ Lippen hängt. Nicht nur bei der Auskopplung „Stay A Little Longer“, sondern bei allen Liedern. Schaffen auch nicht alle Artists – Mira Lu Kovacs völlig zu Recht. Ein Konzert, das das Prädikat „Headlining Show“ verdient hat.

Foto: Christoph Leeb

ahoi.posthof.at

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.