CHEW: Es ist angerichtet

Heute schon zu Mittag gegessen? Nein? Sehr gut. Nach der Lektüre des mit Preisen überhäuften Comichits „Chew“ vergeht einem erstmal der Appetit. Hauptfigur Tony Chu arbeitet für die FDA, einer eng mit der Polizei verbundenen Nahrungsmittelbehörde. Die Besonderheit, die ihn ausmacht (neben seinem fehlenden Sinn für Humor): Er ist ein Cibopath. Egal, was er isst, er bekommt sofort eine Ahnung davon, wie das jeweilige Lebensmittel geerntet, geschlachtet oder hergestellt wurde. Mahlzeit.

Sich Selbst etwas Gutes zu gönnen, ist der Trend der Stunde. Egal, ob es sich um einen kleinen Wellnessurlaub oder den Genuss von Lebensmitteln von hoher Qualität handelt. Tony Chu gönnt sich Rote Beete. Reichlich und viel davon, weil es die einzige Nahrung ist, die ihm keine Visionen vermittelt. Geschmackig ist was anderes. Die richtige Work-Life-Balance zu finden, ist für Chu gar nicht so leicht. Auch sein Chef bringt ihn nervlich auf Hochtouren. Doch das ist noch nicht alles. Um seine Ermittlungen für die Lebensmittelaufsicht voranzutreiben, muss er allerhand kosten, probieren und schmecken. Von einem verdorbenen Finger, über Leichen bis zu einem toten Hund ist alles drin. Da rotieren die Geschmacksnerven und steigt der Blutdruck wie von selbst.

Autor John Layman und Zeichner Rob Guillory haben mit „Chew“ äußerst interessante wie absurde Ideen zu Papier gebracht. Wegen einer überhand nehmenden Vogelgrippe ist der Verzehr von Geflügel staatlich nicht mehr erlaubt. Mehrere Millionen Menschen mussten aufgrund der Krankheit sterben. So sagt man zumindest, wobei hinter vorgehaltener Hand von einer Verschwörung die Rede ist. Trotzdem gibt es noch Dealer, die für ein bisschen Hähnchen viel Geld hinblättern. Ein Job für Chu. Mit dieser hochbrisanten Thematik treffen die beiden Kreativen voll ins Schwarze. Ein Kommentar zu unserer Gesellschaft, wie wir mit unserer Nahrung umgehen.

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Nachdem man sich doch ein wenig durch das erste Kapitel kämpfen muss, entwickelt sich „Leichenschmaus“, so der erste Band, zu einer hervorragend skurrilen Achterbahnfahrt. Erst ab dem zweiten Akt gibt es dann den Wahnsinnsspaß. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mit Pointen, die genau zwischen Lebenswelt und Absurdität angesiedelt sind. „Chew“ ist Farce und Drama in einem. Alles ist furchtbar, aber wir lachen trotzdem genüsslich.

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