THOMAS DAVID: „Öfter als einmal findet man sich im Leben“
Inspiration findet man vor allem auf Reisen. Das weiß auch „Große Chance“-Sieger Thomas David, der schon einiges von der Welt gesehen hat. Jetzt vom sprichwörtlichen Underdog zum Gewinner von hunderttausend Euro. Die Zeiten sind trotzdem turbulent und stürmisch. Was bleibt einem also übrig?
Entweder man verankert sich fest an einen bestimmten Ort, oder man entscheidet sich dazu, sich treiben zu lassen. Butter bei die Fische. Die Stimmung, die vor allem in den Staaten in der Luft liegt und von der viele Musiker zehren, hat David auf „Able“, seinem Debütalbum, eingefangen. Diesen amerikanischen, sommerlichen Flair und das Gewissen, das am Ende des Tages doch noch alles gut wird. Folk-Pop mit Schmiss für einsame Herzen. Der ein oder andere potenzielle Radio-Hit dürfte auch drin sein. Es gibt Momente des Zweifelns, doch dem gegenüber steht eine Lebensweise, die sagt: Mach weiter.
Es sind Blicke, die in die Ferne schweifen und doch immer wieder zurück zum subtext.at-Gespräch führen. Thomas David ist herzensgut und in seinem Element. Ein Interview über Neuanfänge, Authentizität und Songtitel wie „Crème de la Crème“.
subtext.at: Thomas, laut deiner Biografie bist du relativ oft umgezogen und durch die Welt gereist. Wie hat dein damaliges Grundgefühl ausgesehen, als du irgendwo neu angefangen musstest?
Thomas David: (überlegt) Das ist ja mal eine andere Frage. Das finde ich sehr toll (lächelt).
subtext.at: Gefällt dir Idee, dass man immer wieder im Leben bei Null anfangen kann?
Thomas David: Als Kind bin ich eigentlich nicht viel umgezogen, aber meine Mama wollte mit mir als Kind nach Amerika auswandern. Wir haben aber immer in Bruck gewohnt. (überlegt kurz) Ich glaube, dass es zwei Arten von Menschen gibt: Die einen laden dich zu sich nach Hause ein, die anderen sind die, die zu dir kommen. Wir haben sehr viele Freunde und meine Mutter hat mich einfach überall mitgenommen. Wir haben sehr wenig Gäste zu uns eingeladen, weil wir immer unterwegs waren. Wir waren aber auch überall willkommen. Trotzdem haben wir unser zu Hause gehabt. Das war auch immer wichtig. (überlegt) Öfter als einmal findet man sich im Leben. Man muss immer wieder reflektieren, wer man ist, was man noch tun oder wohin man noch hin möchte, denn man muss sich immer wieder selbst hinterfragen. Wenn du das als Neustart bezeichnen möchtest, dann ist das auf alle Fälle so. Bei mir ist das natürlich ein Weg, den ich schon sehr lange gehe, doch in dieser Intensität gehe ich ihn erst jetzt. Es wie bei einer Jobzusage, wo zuerst alles neu ist. Man weiß, was man kann und die Ressourcen sind einem bekannt, aber wie das System funktioniert – muss ich noch lernen. Man kann öfter im Leben neu anfangen, was aber nicht automatisch heißt, dass man alles umschmeißt, was davor passiert ist.
subtext.at: Hattest du schon immer die Vorstellung, als Musiker auf der Bühne zu stehen?
Thomas David: Vor zehn Jahren hat es angefangen und seitdem darf ich auf der Bühne stehen. Ich durfte auch merken, was es mit anderen Menschen macht, wenn man singt zum Beispiel. Wenn man dann noch das Talent fördert, selber zu schreiben und seine Emotionen in Lieder verpackt, dann macht das wieder etwas Anderes mit den Menschen. Das hat sich erst in der Zeit herauskristallisiert, dass es jetzt der Weg ist, den ich für mich entdecken kann.
subtext.at: Wie gehst du damit um, vom Underdog der ORF-Sendung „Die große Chance“ zum Vorbild für andere geworden zu sein?
Thomas David: Die Frage ist, warum ich als Underdog angesehen worden bin?
subtext.at: Hörst du das öfter oder zum ersten Mal?
Thomas David: Nein, das war jetzt keine Gegenfrage. Warum war das so? Weil ich meine eigenen Songs performt habe und keine Hits, die irgendjemand schon einmal gehört hat. Deswegen Underdog. Es ist schwer, mit seiner eigenen Musik Leute zu fangen. Ich spiele ein Lied vielleicht schon zehn Jahre und die Leute hören es zum ersten Mal. Ich bringe es trotzdem so, als würde ich es das erste Mal spielen. Das ist dieser Weg der Authentizität. Dass man das ehrlich macht, wie man es macht. Kein Drama, keine Show und kein Kostüm. Das hat anscheinend gepunktet bei den Leuten. Es gibt nur die Musik und entweder berührt sie dich oder nicht. Vielleicht deswegen der Sieg.
subtext.at: Kannst du Authentizität bei jemand anderem erkennen? Fühlst du das, wenn jemand authentisch ist?
Thomas David: Das ist einfach die Ausstrahlung. Wie sich jemand gibt und wie er redet – wenn das zusammenpasst mit seinem ganzen Wesen, dann glaubst du jedes Wort, was da rauskommt. Bei anderen weißt du nicht, ob es ehrlich gemeint ist. Innerhalb der Musik ist es genau so. (überlegt kurz) Die Lady Gaga hat für mich eine Figur erfunden, mit der sie authentisch ist – aber das ist sie nicht privat. Ist auch OK. Ich bin privat genau so wie auf der Bühne. Keine Figur. Meine Emotionen und meine Gefühle – das ist es. Pur.
subtext.at: Dein Album trägt den Titel „Able“, der viel Raum für Interpretationen lässt. Bist du aus deiner Sicht ein fähiger Sänger und ein begabter Songwriter?
Thomas David: (lächelt).
subtext.at: Traust du dich selbst so zu bezeichnen?
Thomas David: Natürlich sagt man das nicht. Man ist immer so begabt wie es auch gewünscht wird. Ich kann jetzt über Herzschmerz schreiben, aber wenn es nicht ernst gemeint ist, dann werden es die Leute checken. Dann ist man kein guter Songwriter. Es gibt natürlich auch Ghostwriter und Songschreiber, die das auf Abruf machen können. Da stehen dann andere Leute dahinter. Ich kann das nicht machen. (überlegt) Aber auf irgendeiner Art und Weise muss ich mich so bezeichnen, weil ich auch an mich selbst glauben muss. Ich muss hinter dem stehen, was ich mache. Wenn ich nicht an mich selbst glaube, wieso sollen es dann andere machen?
subtext.at: Ich bin der Meinung, dass deine Songs auf „Able“ von den Fragen und den Antworten handeln, die man sich zwangsläufig im Leben stellt.
Thomas David: Gut erkannt. Finde ich schön, dass sich jemand damit schon befasst hat. Und so ist es auch. Es gibt vielleicht in einem Song mehr Fragen und in einem anderen Song, den man zwei Jahre später schreibt, hat man dann die Antworten darauf. Das Album heißt „Able“ und es behandelt nicht die Frage nach dem Sinn des Ganzen. (überlegt) Um was geht es im Leben eigentlich? Was sind die Werte und Haltungen, die du einnehmen willst? Was wünscht du dir und was hast du schon gemacht? Wann geht es dir schlecht, wann gut?
subtext.at: Wenn du dir vorstellst, in was für einem Setting deine Fans am liebsten deine Musik hören würden, was kommt dir da in den Sinn? Räumlich, Tag/Nacht, vom Wetter abhängig…
Thomas David: Es kommt immer auf die Nummer drauf an (lacht). Wenn ich selbst zu einem Konzert gehe, dann genieße ich die Vorfreude den ganzen Tag über. Ich überlege mir, was ich anziehe, was es für eine Musik ist und wie die Leute dort ausschauen werden. Nicht, um mich anzupassen, sondern um mich selbst wohl zu fühlen. Meine Musik und meine Konzerte sind eher für den Abend, glaube ich zumindest. Örtlich… Also ich spiele meine Nummern vor meinen Freunden, die bei mir auf der Couch sitzen, genau so, wie ich sie auf einer Bühne vor zweihundert Leuten spiele. (überlegt) Ich freue mich schon auf die Clubtour im nächsten Jahr (lächelt). Auf Festivals am Nachmittag muss man mit den Liedern schauen, weil man nicht die deprimierten Sachen auspacken kann an einem schönen Tag. Das macht eine Setliste und einen Künstler aus.
subtext.at: Als Sieger einer Castingshow hervorzugehen, bedeutet heutzutage nicht automatisch, dass man erfolgreich ist und bleibt. Hast du dir darüber Gedanken gemacht?
Thomas David: Ja, natürlich macht man sich Gedanken. Die Frage ist nur: „Was hast du zu verlieren und was kannst du daraus gewinnen?“ Für mich war es jetzt die richtige Zeit. Ich hatte nichts zu verlieren. Ich weiß, wer ich bin und was ich will. Ich muss mich nicht verstecken. Ja, natürlich ist es eine Castingshow, aber wie viele Leute reden jetzt darüber? Wie viele lassen solch eine Musik in ihr Leben rein? Das ist nicht nur eine Chance für mich, sondern für Menschen, die auf diese Musik stehen. Ein cooler Künstler aus Österreich – so etwas kenne ich nur von Oversea. Jetzt redet er beim Konzert mit mir Deutsch und lässt den Funken überspringen. Es kommt immer darauf an, wie man das dann selber macht. Fakt ist auch, dass die Leute, die sich eine Castingshow ansehen, auch zu einem Konzert kommen müssen – und das ist gar nicht so einfach. Warum? Weil das nicht die typischen Konzertgänger sind. Ich bin keiner, der abdreht und jetzt die komplette Stadthalle bucht. Ich spiele lieber vor hundert Leuten, aber dafür intensiver.
subtext.at: Hast du das Gefühl gehabt, dass du Kompromisse eingehen musstest?
Thomas David: Nein, das hat nichts mit diesem Business zu tun. Es hat immer etwas mit einem selbst zu tun. Das Business werde ich nicht ändern können. Die Frage ist, ob das Business mich ändert. Wenn ich weiß, was ich will, dann kann man den ein oder anderen Kompromiss machen, weil ich weiß, was es mir bringt. Ich muss auch Sachen loslassen können, von denen ich keine Ahnung habe. Ich möchte weiterhin der Musiker sein, der ich bin – fertig. Andere Leute haben die Professionalität, Konzerte zu organisieren, was dann auch ein Kompromiss ist. Man checkt es nicht selber, sondern man lässt los. Oder Promotermine zu organisieren und solche Sachen. Das erleichtert mir einfach mein Leben. (überlegt) Im Leben kann man mit jedem über alles reden.
subtext.at: War das deine Idee, einen Song „Crème de la Crème“ zu nennen? Für mich klingt der Titel ein wenig cheesy.
Thomas David: Das ist eine Wortspielerei und es geht um eine Person, von der man absolut geflasht ist. Ich weiß nicht, wie viel man da jetzt hineininterpretieren kann. Es ist bezogen auf ein Gefühl für eine Person. Crème-de-la-Crème-sein (lacht)!
subtext.at: Ein dummer Satz, den man über Thomas David sagen oder schreiben könnte und der ihn aufregen würde?
Thomas David: Ich rege mich nicht auf, denn damit muss man rechnen. Es gibt Sachen, die mich wahrscheinlich treffen würden. Es gibt konstruktive, ehrliche Kritik und solche, die einfach nur etwa sagen will. Da muss man unterscheiden. Ich weiß, dass noch Sachen kommen werden. Vielleicht muss ich mich dann selbst hinterfragen, ob das dann so war oder nicht. Es ist diese Underdog-Sache, die du angesprochen hast und die Medien aufgegriffen haben, weil sie meinen, ich wäre kein guter Sänger. Ein Feedback, was ich nicht oft höre, denn ich bekomme immer Gegenteiliges mit.
subtext.at: Das Positive überwiegt.
Thomas David: Ja, genau. Wenn ich nur negatives Feedback zu hören bekommen würde, dann müsste ich mir Gedanken nach dem Sinn machen.
subtext.at: Wenn jemand schreiben würde „Thomas David kann nicht Gitarre spielen“.
Thomas David: Das entspricht zu einem Teil der Wahrheit (lacht). Nein, ein dummer Satz wäre, wenn jemand über mich sagt, dass ich komplett unsympathisch bin – obwohl man mich kennengelernt hat. Das würde mich verletzen, weil ich einfach nicht so bin.
subtext.at: Und ein gescheiter Satz über Thomas David?
Thomas David: (überlegt lange) Es freut mich, dass du so gut vorbereitet bist (lächelt). Eine schwierige Frage.
subtext.at: Ist es dir lieber, wenn die Leute dich als Musiker in den Vordergrund stellen oder willst du als Person selbst wahrgenommen werden?
Thomas David: Das eine beinhaltet das andere. Grundsätzlich geht es um die Musik und jeder, der an meinem Privatleben interessiert ist, muss sich die Lieder anhören. So viele Informationen kriegt man gar nicht, wenn man mit jemandem redet. Right in your face – da bin ich kein Fan von. Es muss ein bisschen interessant bleiben. In der Musik auch, denn wenn jetzt schon alles gesagt hätte, hätte ich es verspielt. (überlegt) Ein schöner Satz wäre: „Er ist ein sehr authentischer Künstler und das was er macht, nimmt er ernst.“
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