Crossing Europe 2019: Der Unschuldige / The Innocent

Regisseur Simon Jaquemet kündigte vor dem Screening schon an, man soll den Film nicht zu ernst und zu religiös sehen. Eine Aufforderung, die schwer einzuhalten ist, wenn man die Tatsache betrachtet, dass ein Großteil des Filmes in einer evangelischen Kirche oder in einem Labor für medizinische Versuche an Primaten spielt. Alles in allem ist der Unschuldige ein großartiges Psychodrama, welches mit wenig Aufwand an die Grenze eines Horrorfilms führt, diese jedoch nie überschreitet. 

Hauptdarstellerin Ruth (Judith Hofmann) arbeitet als Krankenschwester in einem Institut, in welchem zum zweiten Mal in der Geschichte eine erfolgreiche Körpertransplantation an einem Affen durchgeführt wurde. Sie fühlt sich dabei mit jeder Szene unbehaglicher und man sieht ihren Unmut über die abscheulichen Tierquälereien wachsen. Ruths Familie, vor allem ihr Mann Hans-Peter (Christian Kaiser) sind im Gegenzug streng Religiös und so kommt es, dass Ruth im Zuge einer Gebetsrunde zusammenbricht und ihr schlechtes Gewissen sie einholt. Zur selben Zeit taucht plötzlich wieder ihre Jugendliebe Andi (Thomas Schüpbach) auf, der die letzten 20 Jahre wegen des Mordes an seiner Tante im Gefängnis saß. Ruth kämpfte vor seiner Inhaftierung für seine Unschuld, welche Andreas stets bedauerte. Doch als dieser eines Nachts plötzlich im dunklen Wohnzimmer auf ihrer Couch sitzt, überkommt einen ein kalter Schauer. Entgegen der Erwartungen einer vollkommenen Eskalation verschwindet Andi aber nach der ersten netten Aufforderung, das Haus bitte zu verlassen, in Dunkelheit hinter der Terrasse.

Wie man es wohl bereits vermutet, ist dies nicht der letzte Auftritt des Ex-Häftlings. Als Ruth dann auch noch erfährt, dass Andreas kurz nach seiner Freilassung in Indien ums Leben gekommen ist, driftet der Film immer weiter in Richtung Fiktion ab. Man fragt sich immer öfter, ob das gerade Gesehene Realität oder bloße Einbildung der Hauptfigur ist. Ebenso sitzt einem ständig ein ungutes Gefühl im Nacken, welches man ansonsten nur in Horrorfilmen erfährt. Dunkle Keller, laute Serverräume, neblige Wälder, ein stürmisches Meer und immer wieder die Gebetsrunden in der evangelischen Kirche. Alleine diese Runden in denen oft gesungen und geschrien wird, lösen bei manchen wohl schon ein unbehagliches Gefühl aus.

Der Unschuldige spielt ab der ersten Minute also mit der Psyche des Kinobesuchers und lässt viel Raum zur Interpretation. Doch diesen Raum will einem Regisseur Simon Jaquemet auch geben, und deshalb ist „Der Unschuldige“ auf alle Fälle eine Empfehlung wert.

Der Unschuldige / The Innocent 
Simon Jaquemet
Schweiz / Deutschland 2018
114 Minuten
Schweizerdeutsch
OmeU
http://www.crossingeurope.at

 

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