Crossing Europe 2019: Hungary 2018

Ungarn steht an einem kritischen Punkt. Werden die Rechtspopulisten den Wahlkampf gewinnen und weitere vier Jahre den politischen Ton im Land angeben, oder wird ein Wendepunkt eintreten, und die linksorientierte Partei vom ehemaligen Premiereminister Ferenc Gyurcsány die Wahl für sich entscheiden? Wie bereits von Eszter Hadjú gewohnt, ist auch „Hungary 2018“ eine aufrüttelnde, provokative Dokumentation, die sich mit sozialpolitischen Themen befasst.

Eszter Hadjú zeigt in eindrucksvollen Bildern den Wahlkampf der Fidesz, der Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán, sowie des Oppositionspolitikers Ferenc Gyurcsány, der DK. Der Film fokussiert sich dabei stark auf die Stimmungslage vor und während der Wahl. „Schwedinnen färben sich die Haare braun, um nicht von Flüchtlingen vergewaltigt zu werden.“ „In britischen Kindergärten lesen Transvestiten den Kindern etwas vor.“ Mit diesen und vielen weiteren absurden Äußerungen wird die ungarische Bevölkerung manipuliert und für den Zuschauer wird die beängstigende Dynamik im Land spürbar.

Die gezeigten Wahlkampfausschnitte ziehen das Kinopublikum ab der ersten Sekunde in den Bann und erwecken ein Gefühl des Unwohlseins. Das Ausmaß der Verzerrungen der Realität bzw. der medialen Berichterstattung ist erschreckend und vermittelt einen unheimlichen Einblick in die (sich aufbauschende) ablehnende Haltung, gegenüber Opposition und EU, eines Großteiles der Bevölkerung. Plakate, Werbespots oder Radiosendungen unterstützen ganz klar die Ansichten der Fidesz und von neutraler Berichterstattung kann in diesem Zusammenhang keine Rede mehr sein. Ausländer, Homosexuelle, Kranke, Beeinträchtigte oder Alte – jede Gruppe, die nicht der erwünschten „ungarischen Homogenität“ entspricht, hat es nicht leicht in einem Ungarn, welches von der rechtspopulistischen Fidesz regiert wird.

Die unkommentierte Doku befasst sich primär mit der Frage nach den Motiven der Rechtswähler und gewährt einen tiefen Einblick in den Aufstieg des Nationalismus. Die Regisseurin erzählte im Q&A, dass sich viele am Film beteiligte Personen nicht namentlich nennen lassen wollen, um keine Schwierigkeiten zu bekommen. Freie Meinungsäuserung ist leider nicht immer ohne Konsequenzen möglich. Es gestaltet sich außerdem extrem schwierig, ungarische Kinos zu finden, die es „wagen“ diesen kritischen Dokumentarfilm zu zeigen. Dieser Umstand spiegelt das enorme Ausmaß der Message Control im Land wieder und regt die Zuseher zum nachdenken an.

Hungary 2018
Eszter Hajdú
Ungarn / Portugal 2018
82 Minuten
Ungarisch
OmeU
http://www.crossingeurope.at

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