Den (Gewitter)Wolken trotzen: Oehl & Mynth auf der FrischLuft-Bühne
An lauen Sommerabenden unter freiem Himmel machen sich Mynth und Oehl besonders gut. Auch im Sitzen und durch ein Gewitter gestört: Endlich wieder Livekonzerte sind wie musikalischer Balsam für unsere kulturhungrigen Seelen!
Die Wetterfee war uns am Samstagabend (zunächst) gnädig: Trotz Gewitterwarnung ging’s direkt vom Gastgarten des Posthofbeisls zur extra für die „FrischLuft“-Konzerte installierte Openair-Bühne. (Restaurant UND Live-Konzert – das klingt nach der langen Durststrecke ja fast noch zu schön um wahr zu sein!). Erster Eindruck: Outdoor steht dem Posthof gut, sowohl Stimmung als auch Sound waren sehr angenehm.
Mynth, bestehend aus den Hauptakteuren Giovanna und Mario Fartacek, unterstützt durch Bass und Drums, waren dem Publikum von Beginn an sympathisch. Ihr weicher, melancholischer Klang harmonierten perfekt mit dem lauen Sommerabend. Die tiefgreifenden Lyrics und sphärischen Sounds von Mynth verliehen ihrer Performance eine gewisse Schwere, wodurch sie aber umso mehr Authentizität ausstrahlten. Giovannas schwebende Stimme hat vor allem bei den ruhigen, getragenen Nummern enormen Wiedererkennungswert. Auch durch Beats und Gitarre rockig angehauchte Sounds stehen der Band sehr gut, nur leider ging die Sängerin hierbei leider ein bisschen unter – zumindest live. Aufgrund der für Konzerte ungewöhnlich frühen Sperrstunde war Mynths Auftritt zum Bedauern des Publikums sehr knapp bemessen – ich hätte gerne noch länger zugehört!
Aber Oehl ließen nicht lange auf sich warten und schalteten stimmungstechnisch einen Gang nach oben. Die modetechnisch etwas fragwürdigen Kopfbedeckungen zum Bewerben ihrer neuen Songs („300.000“ erschien am 4.6.2021) zogen zwar zu Beginn einige belustigte Blicke auf sich, die Aufmerksamkeit war aber schnell wieder auf Leadsänger Ari und Bassist Hjörtur gerichtet. Die neuen Nummern der Band, in denen neuerdings eine ordentliche Portion Gesellschaftskritik mitschwingt, kamen ebenso gut beim Publikum an wie Oehls Durchstarter-Songs („Tausend Formen, „Über Nacht“, „Trabant“,…), mit denen sie Anfang 2020 trotz dem ersten Lockdown die Herzen der österreichischen (Indie-)Pop-Fans eroberten. Trotzdem wirkten die Zuseher:innen tendenziell zurückhaltend und trauten sich auch bei den bekanntesten Songs nicht so recht mitzusingen – das haben womöglich die lange Konzertpause und die Sitzplätze gleichermaßen zu verschulden. Die vielfältigen Sounds und Instrumente von Oehl hinterließen dennoch einen bleibenden Eindruck. Zugegeben, ich hatte zuvor noch nie eine Band gesehen, die mit einer Bassblockflötistin auftritt! Auch Harfe und Saxofon bereichern gemeinsam mit Synth-Sounds das breite Klangspektrum der Band maßgeblich. Live haben Oehl genau das zu bieten was ihre eingängigen Aufnahmen versprechen – aber halt auch nicht mehr. Ich als Sängerin hätte vor allem von Sänger Ari ein bisschen mehr Experimentierfreudigkeit gewünscht (nein, nicht tänzerischer Natur, auch wenn es lustig anzusehen ist) und insgeheim auf die eine oder andere interessante Liveversion gehofft. Vielleicht entwickeln die Musiker:innen ja noch den Mut, etwas mehr von der Studioversion ihrer Songs abzuweichen und uns die Musikalität zu zeigen, die in ihnen allen schlummert!
Als hätte sie auf ihr Stichwort gewartet, riss der Wetterfee bei „Wolken“ der Geduldsfaden, und sie ließ die ersten Regentropfen fallen. Bei immer stärker werdendem Regen gaben Oehl noch ein Cover vom Nino aus Wien („Es geht immer um’s Vollenden“) zum Besten, dem sie mit ihren flächigen, vollen Sounds eine ganz neue Note verliehen. Unter anderen Umständen hätten uns auch Oehl gerne noch länger mit ihrer ganz eigenen, ästhetisch-schwebenden Musik einhüllen dürfen, so war ich zumindest froh, nicht ganz vom Regen getränkt nachhause zu kommen.
Fazit: Durch die eher gemütliche und harmonische Stimmung, die die beiden Bands verbreiteten, ließ sich das Sitzplatzkonzert äußerst gut verschmerzen. Aus eigener Erfahrung kann ich allerdings sagen, verregnete Konzerte machen stehend und tanzend dann doch mehr Spaß als brav im Sessel sitzend.
Fotos: Lisa Leeb