Kollaboratives Kaleidoskop: KAYOMI und ihr selbstbetiteltes Debütalbum
Wie schafft man mit musikalischen Mitteln ein anregendes Gleichgewicht zwischen verspielt und verkopft? An welcher Stelle fügt man noch etwas hinzu, wo lässt man eher weg? Kayomi liefern auf ihrem farbenfroh strahlenden Debütalbum mit reich ausgeschmückten wie kantigen Indie-Klängen gleich mehrere Antworten auf diese Fragen.
Das ist anders. Das Cover mag es schon andeuten: An Vitalität, musikalisch wie konzeptionell, mangelt es dieser Formation aus Wien keineswegs. Kayomi sind in Bewegung, sie pulsieren. Hier hat ein organischer Reifeprozess stattgefunden. Die Einflüsse sind klar erkennbar, blind abgekupfert wirkt es trotzdem nicht. Kayomi erzählen Geschichten, die „Paranoid“ heißen, „Blood“ oder „Start A War“ im Titel tragen und von Situation im Leben berichten, in denen es gilt, die inneren Mauern einzureißen, Konflikte beim Namen zu nennen und die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen. Dabei fußen sie in so mancher Grunge-Tradition, wie zum Beispiel Alice In Chains sie seit Jahren leben, nur ohne deren Schwere. Alexander Kuroll (Gitarre, Gesang), Georg Pinter (Bass), Alexander Distl (Schlagzeug), Christian Woltron (Flöte) und Juliane Weselka (Saxophon, Gesang) rocken eigentlich ziemlich losgelöst, luftig und klar, ganz im Gegenteil zur hitzigen Sommerschwüle, die derzeit fühlbar ist. Wer sich bei Songs wie „Praying Mantis“ an seelige Interpol-Zeiten erinnert fühlt (die Gitarren!), darf an dieser Stelle ebenfalls laut frohlocken. Der Gesang, den sämtliche Bandmitglieder beisteuern, und der Einsatz von Saxophon und E-Flöte fügt dem Kaleidoskop Kayomi noch spannende Attribute hinzu.
Das ist ein versierter Schönklang, der nicht die Prämisse besitzt, zuallererst schön sein zu müssen, sondern Ausuferndes zum Leben erwecken möchte. Die Eckpunkte markieren Postrock, Alternative und die unterschiedlichen Geschmäcker aller Bandmitglieder. Es rockt und groovt und ebbt nach und nach ab, verliert die Fassung, reißt sich wieder zusammen. Ein toller Einstand mit eigenem Charakter, der nicht aufhört, pausenlos, laut und leise, zu mäandern. Dieses Debüt ist wie ein heiß herbeigesehntes Wiedersehen. Mit allem, was man über die Jahre an bestimmten Genres schätzen gelernt hat und einer Eigentümlichkeit, die für den kleinen, wichtigen Unterschied sorgt.
Tracklist:
01. Blood
02. Heal Me
03. D.I. Dream
04. Paranoid
05. My Moon
06. This Floating Rock Makes Me Dizzy
07. The Turn
08. Swan Song
09. Merry-Go-Around
10. Praying Mantis
11. Start A War
12. Be Human
Fotos: © Isabella Hewlett