Palic Filmfestival: What the hell we know about Europe

Zum 28. Mal lud Palić zu einer Reise quer durch Europa ein und zeigte, ähnlich wie das Crossing Europe, eine Vielfalt an europäischen Filmproduktionen. Über 100 Projektionen lassen einen über den Tellerrand schauen und bringen uns in einer wunderschönen Atmosphäre Europa etwas näher. 

Zugegeben, während Corona eine Reise in ein nicht EU-Land zu wagen, könnte man fast schon als ein bisschen riskant bezeichnen. Trotzdem wollten wir die Einladung von einem serbischen Filmfestival nicht ausschlagen. Einmal quer durch Mitteleuropa landeten wir in einem kleinen Ort in Serbien namens Palić. Der Ort ist nicht nur für das Filmfestival bekannt, sondern auch für seinen Zoo und die märchenhafte Kulisse. Die wohl größte und schönste Attraktion, der See, sollte jedoch immer noch gemieden werden und von einem Badetag am Ufer wurde uns mehrmals abgeraten. Im letzten Jahrhundert legte man nicht so viel Wert auf eine gerechte Entsorgung vom Müll und Abwässern der umliegenden Industrien und so wurde der See mit all diesen Giftstoffen vollgepumpt. Aber wir waren ja auch nicht auf Badeurlaub, sondern freuten uns auf ein paar wunderschöne Tage, wo wir uns kopfüber in das Abenteuer Filmfestival hineinstürzen konnten und viele neue Eindrücke sammeln konnten.

Eine kleine Siedlung im Parkareal, gefüllt mit Charakteren aus ganz Europa sowohl on Screen als auch off Screen.
Jedes Erlebnis dort ist eine Erzählung wert, auch wenn man das WLAN teilweise jagen musste,
brauchen tut man es nicht, denn langweilig wird es in Palić sicher nicht, die nächste Überraschung oder Bekanntschaft wartet schon um die Ecke.
Katharina Steinbüchler

Bereits zum 28. Mal findet das Festival in dem kleinen Ort zwischen Belgrad und Budapest statt. Das Ziel, den europäischen Film auch einem breiteren Publikum schmackhaft zu machen, wurden zwischen 17. und 23. Juli über 100 Spiel-, Kurz- und Dokumentarfilme in fünf verschiedenen Locations ausgestrahlt – darunter unzählige Premieren wie zum Beispiel Bad Blood von Milutin Petrović. Neben den Filmen darf natürlich die Party auch nicht fehlen. Jeden Abend gab es im Abazija Kino noch Live-Musik und die Gelegenheit, die gesammelten Eindrücke bei einem Gläschen mit anderen Festivalbesucher*innen zu besprechen.

 

War eine Erfahrung, die man so schnell wahrscheinlich nicht mehr macht, im Chaos liegt der Charme.
Lisa Trost

 

Aber wir sind ja nicht zum Partymachen den weiten Weg nach Serbien gekommen, sondern vier unserer Redakteur*innen wurden eingeladen, bei den Workshops teilzunehmen. Katharina Steinbüchler und Lisa Trost besuchten den „Film Critic Workshop“, geleitet von Neil Young. Sie hatten drei Tage lang die Chance, sich mit internationalen jungen Filmkritiker*innen über die gemeinsame Leidenschaft auszutauschen. Einige Artikel, die im Workshop produziert wurden, können auch auf subtext nachgelesen werden. Andreas Kepplinger und Lisa Leeb nahmen am MIOB Workshop (Moving Images Open Borders) zum Thema „Wie man junges Publikum für den europäischen Film begeistern kann“ teil. Mehr über den Workshop und den Ergebnissen findest du hier: Moving Images – Open Borders.

 

Erst im Austausch mit anderen Menschen aus Europa merkt man wie wenig
man eigentlich über die jeweiligen Länder wirklich weiß und wie viel man noch zu lernen hat. Aber auch wie einfach es gehen kann neue Freund*innen zu finden, wenn man eine gemeinsame Passion teilt – den europäischen Film.
Lisa Leeb

 

Bei der Preisverleihung sprach Klaus Eder, Leiter der FIPRESCI internationalen Filmkritiker- und Filmjournalisten-Vereinigung, über die Tatsache, dass wir eigentlich nur sehr wenig über Europa wissen. Er betonte wie wichtig es ist, dass die Diversität und Vielfalt in den unterschiedlichen Filmen abgebildet wird und uns immer wieder ein kleines Stück Europa näher bringt. Ausgezeichnet wurden folgende Filme:

  • Nun of Your Business von der kroatischen Filmemacherin Ivana Marinić Kragić im Competition program „Parallels and Encounters“
  • The Worst Person in the World von Joachim Trier  Main im Competition Program
  •  Brother’s Keeper von Ferit Karahan Palić Tower award for the Best Director

Es war schön wieder nach Palić eingeladen zu werden. Auch bei meinem zweiten Besuch genoss ich Gastsfreundschaft und die viele Gespräche mit Gästen aus ganz Europa.
Andreas Kepplinger

Zusätzlich zu den Workshops wurden wir zu verschiedenen Side-Events eingeladen, wie unter anderem ein Ausflug aufs Land zu einem wunderschönen Heurigen, wo wir sehr herzlich mit traditionellen Essen empfangen wurden.

Und natürlich darf ein Ausflug mit Führung in die nächste Stadt Subotica nicht fehlen. Gerade die wunderschöne Architektur der Stadt, die beinahe einheitlich im ungarischen Jugendstil gehalten ist, hat uns besonders beeindruckt.

Zum Abschluss wurden wir noch auf eine Tour in einem nahen Weingut eingeladen.

Auch wenn die Reise teilweise etwas chaotisch war, wir nicht immer ganz am aktuellen Stand waren was die Informationen zu Unterkunft, Workshop und Verpflegung betraf, und es teilweise auch passierte, dass die Filme ohne Untertitel abgespielt wurden oder die Filme lange Verzögerungen hatten war es eine schöne Erfahrung. Man lernte schnell sich an das Chaos anzupassen, die Hektik außen vorzulassen und darauf Vertrauen, dass alles schon klappen wird. Das Filmfestival Palić ist somit auf eine ganz außergewöhnliche Art sehr entschleunigend.

Fotos: Lisa Leeb,
Titelbild: Lisa Trost

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