Sophie, Julian und Dino: Ich liebe EUCH!

„Ob die Fans von Faber das neue Album auch feiern?“, fragte mich eine Freundin vor dem Konzert von Brandao, Faber und Hunger im Linzer Posthof. Naja, vielleicht sind sie ja mit ihm erwachsen geworden.

Ich muss kurz überlegen und weiß dann aber genau, was sie damit meint. Der Künstler Faber schreibt sehr zynische Texte, provoziert mit Können und Sprachgewandtheit, um politische oder gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen. Einige seiner Songs sind zu Hymnen einer (und meiner) Jugend geworden. Faber singt Deutsch und mit extrem tiefer Stimme, hat inhaltlich aber mehr darauf als Annenmaykantereit, arbeitete oft mit Blechinstrumenten und hörte sich trotzdem kein bisschen nach Musikkapelle und Landjugend an. Ich bin ein riesiger Faber-Fan, und doch verfügt das neue Album „Ich liebe dich“ über so eine Reife und Originalität, dass es die vorherigen Alben wie die jugendliche Leichtsinnigkeit eines begabten Künstlers erscheinen lässt.

„Ich liebe dich“ ist 2020 erschienen und aus der Zusammenarbeit zwischen Julian Pollina, den man als Faber kennt, Sophie Hunger (Emilie Jeanne-Sophie Welti) und Dino Brandão (auch Sänger und Gitarrist von Frank Powers) entstanden. Das Album ist im schwizerdütschen Dialekt gesungen und ist spontan schwer einem Genre zuzuordnen. Ich würde sagen: Pop ohne Mainstream, Jazz, der aber nicht anstrengend oder unharmonisch wird, Heimatgesang ohne Kitsch, Rock ohne E-Gitarre. Anspruchsvoll, rhythmisch, elegant, intellektuell, kreativ und oft melancholisch. Das Trio selbst beschreibt den Stil mit folgenden Worten: „Selbstironische Schwermut, die unbedingte Verteidigung der Leidenschaft und das Prinzip Hingabe sind Elemente, die unsere Lieder prägen.“ Das ganze Album lebt von Rhythmus, Gitarre und Klavier, drei fantastischen Stimmen und – das ist eine weitere Besonderheit – Streicherarrangements. Es ist eine schöne Kombi aus klassischer und volkstümlicher Musik, die es noch dazu schafft, zeitgemäß zu sein. Es ist ein Album, das nicht nur mich begeistert, sondern auch meine ganze Familie, obwohl jeder gern was anderes hört. Ein Album, das man nicht hört, weil es nun mal die Art von Musik ist, die man gern hört, sondern weil man einfach weiß, dass es gut ist. Nur mit viel Gefühl, Genie und Training und Stimmigkeit zwischen den Künster*innen gelingt ein so fantastisches Outcome.

Als man vor der Freiluftbühne nur mehr das Publikum hörte und die Lichter auf der Bühne angingen, war ich aufgeregt, wie ich es noch nie vor einem Konzert gewesen war. Es war ein Sitzplatzkonzert und auf die Bühne kam zuerst ein Streichquartett, ganz in Schwarz. Auch wenn sich das nun etwas banal anhört, aber das sind die Sachen, die jene Reife implizieren, von der ich vorhin gesprochen habe. Eben gewisse Details, die die Ernsthaftigkeit wiederspiegeln, mit der die MusikerInnen bei diesem Konzert agieren. Und das über den ganzen Abend hinweg: es ist mehr als Spielerei und Hobby, mehr als Talent und Freude an der Sache. Das Album ist eine einzigartige künstlerische Komposition. Die Performance eine Balance zwischen Leichtigkeit und einer Perfektion, die nur durch Routine, Erfahrung und dem richtigen Mindset entstehen kann. Das Bild, das die MusikerInnen auf der Bühne abgaben, verblüffte mich wirklich.

Mit den Mitteln, die sie hatten, erschuf die Band eine wahnsinnige Soundkulisse, die vor allem von der breiten Skala an erhaltenen Dramaturgien, mehrstimmigen Harmonien und Feinheiten lebte. Was mich aber neben der musikalischen Darbietung begeisterte, war die Gruppendynamik, die Stimmigkeit, die nicht nur im musikalischen, sondern auch direkt im Zwischenmenschlichen spürbar wurde. Es war wie eine Wohnzimmersession von Freunden, der man da beiwohnen durfte, wo zwischendurch gescherzt und improvisiert wurde, total sympathisch und authentisch. Ich hab mich öfter als nur einmal gefragt, wieso das Trio denn nicht mehr als ein Album zusammen macht. Neben den 12 enthaltenen Songs performte jeder der drei InterpretInnen ein eigenes, unbekanntes Stück.

Es war ein wirklich unglaubliches Konzert und das sah, glaube ich, jeder und jede der ZuhörerInnen so. Für mich auf alle Fälle der hervorragendste Auftritt, den ich jemals gesehen habe und ich kann mir derzeit nicht vorstellen, dass mal ein besserer kommt. Darum mach ich jetzt was, das ich sonst nie tu: Merch bestellen!

Foto: Lisa Leeb