Tu me ressembles: Filmstill
Foto: Filmfestival Freistadt

Tu me ressembles

Alleine zu zweit. So fühlt sich das Geschwisterpaar, bestehend aus Mariam und Hasna. Von ihrer arabischen Mutter werden sie missbraucht. Als sie erneut fliehen und von den französischen Behörden aufgegriffen werden, trennen sich ihre Wege. Sie werden nämlich in verschiedene Pflegefamilien gesteckt.

Für Hasna beginnt damit eine langwierige Suche nach ihrer Identität. Inmitten der hektischen Straßen von Paris zeigt sich so eine intime Charakterisierung einer Person, getrieben von Armut, Einsamkeit und auch Extremismus.

Zwischen Radikalisierung und Familie

Die Geschichte basiert dabei auf den wahren Begebenheiten der Hasna Aït Boulahcen, die sich in ihrem späteren Leben radikalisieren und Teil von Terroranschlägen der ISIS werden wird. Das Casting passt dabei perfekt und bringt einem die Personen nahe. Besonders die Geschichte der beiden jungen Schwestern, die mit reichlich Sorgfalt von der Regisseurin Dina Amer inszeniert wird, geht ans Herz.

Tu me ressembles
Filmstill aus Tu me ressembles; Foto: cineuropa.org

Das Schauspiel überzeugt nicht nur von den beiden jungen Kindern, sondern auch später vom älteren Cast, mit dem die Geschichte weitergesponnen wird. Denn es ist ein Film, der sich mit der Charakterentwicklung genügend Zeit lässt. So werden Extremismus und Radikalisierung nicht unglaubwürdig, sondern äußerst greifbar und – zum Erschrecken wahrscheinlich vieler – nachvollziehbar dargestellt. So lassen einem die Figuren, insbesondere Hasna, nie los. Auch die Kamera hält immer ganz genau drauf. Sie scheut sich nicht, ganz nah an den Gesichtern zu haften. Und so haftet auch das Publikum. An einer Person, die sich jeglichen westlichen Moralvorstellungen noch entziehen wird. Wobei man es ihr tief im Inneren doch so sehr wünscht, endlich eine Familie zu finden.

Ich weiß, wer ich bin. Ich weiß, wer ich bin

Im Hintergrund liegt anfangs noch Musik aus der französischen Hip-Hop- und Rapszene. Gegen Ende des Films erkennt man davon nur mehr wenig, werden die Bilder dann von einem fast schon experimentellen Soundtrack untermalt. So wird auch mit anderen filmischen Mitteln die Veränderung als auch Entfremdung unserer Protagonistin amplifiziert. Wer sie jedoch wirklich ist, weiß Hasna wohl bis zum Schluss selbst nicht. Schon im Kindesalter und auch später muss sie sich stets bewusst davon überzeugen. “Ich weiß, wer ich bin”. Diesen Satz wiederholt sie so lange, bis sie es selbst zu glauben vermag.

Fazit

Am Ende entsteht so ein Mix aus Herkunftsdrama und Dokumentation, der sich lohnt, gesehen zu werden. Denn man wird auch selbst auf die Probe gestellt. Was treibt einem im Leben an? Welche Rolle spielt dabei Religion? Und kann einen der Wunsch nach bloßer Zugehörigkeit verändern?


Tu me ressembles Poster

Tu me ressembles

Regie: Dina Amer
Kamera: Omar Mullick
FR/EG/US 2021, 91 Minuten


Festival Der neue Heimatfilm

24. – 28. August 2022

www.filmfestivalfreistadt.at

Alle Artikel zum Festival hier auf subtext.at

Im Zweifel vor dem großen Screen oder hinter der Kamera.