Foto: Andreas Wörister

Stick To Your Guns: Endlich wieder Crowdsurfing am Hafen

Nach über dreieinhalb Jahren Wartezeit durfte man am Nikolaustag die US-Hardcore-Idole Stick To Your Guns im Zuge ihrer „Spectre“-Tour wieder einmal in Europa / Österreich / Linz erleben. Mit Knocked Loose, Landmvrks und Soul Blind war zudem eine hochkarätige Riege an Supports dabei. Ein Konzert, dass sich ein bisschen nach Klassentreffen anfühlte.

Ein Hauch von Nostalgie war es fast, der den Dienstagabend im Posthof umwehte. Derartige Tourpackages, mit allem was die internationale Hardcore/Punk Szene hergibt, haben wir in unseren Breiten seit Ausbruch der Pandemie selten bis überhaupt nicht gesehen. Auch im Posthof-Konzertprogramm sind und waren solchen Line-Up Konstellationen eher die Ausnahme. Wenn, dann war der große Saal aber zumeist recht gut gefüllt. So auch am Nikolaustag, als mit Stick To Your Guns eine der populärsten aktuellen Vertretungen des Orange County Hardcore, mit neuem Album „Spectre“ zu Besuch an den Linzer Hafen kam. Fast 20 Jahre, 7 Alben und einige EPs hat die Band um Jesse Barnett mittlerweile auf dem Buckel. Für frischen, rauen Wind sorgten die vergleichsweise als Newcomer zu bezeichnenden Supports Knocked Loose, Landmvrks und Soul Blind.

Letztere eröffneten den Abend mit einer durchwegs erfrischenden Mischung aus melodischen Grunge und Riffs aus der Hardcore-Trickkiste, die beim Publikum jedoch nicht sofort zündete. Es dauerte ein paar Songs bis die Crowd mit der Band aus Hudson Valley warm wurde. Ich empfand den Mix aus mürrischen bis lieblichen Melodien, gepaart mit schepperndem Bass und metallisch angehauchten Gitarren, als stimmig und erfrischend. Macht auf der Platte übrigens noch mehr her, hatte in dieser Kombination aber das Nachsehen.

Die Franzosen Landmvrks haben in den letzten Jahren einen steilen Aufstieg hingelegt. Hier ist das Motto vor allem „Die Mischung machts.“ Metalcore, (Post)-Hardcore, Pop Punk, vereinzelt auch Hip Hop – Der Sound der Band aus Marseille ist enorm vielfältig, geht live enorm nach vorne. Technisch herausragend werden verschiedenste Facetten zu einem ganzen gesponnen. Das kann ab und zu sehr hyperaktiv wirken, zeugt aber auch von enormer Kreativität. Sympathische Band, guter Auftritt!

Von Knocked Loose hatte ich im Vorfeld schon verheißungsvolle Live-Berichte vernommen, die Band aber selbst noch nie gesehen. Die Band aus Kentucky gehört mittlerweile zur obersten Liga und hat sich mit ihrer Kombi aus Death Metal und Hardcore/Beatdown einen Namen gemacht. Markenzeichen dabei an vorderster Front: Die heiser keifende Stimme von Sänger Bryan Garris, hinter dessen schulbubenhafter Erscheinung ein mördermäßiges Organ steckt – Holy Moly! Knocked Loose wussten von der ersten Minute an zu begeistern und sorgten für standesgemäße Moshpits und eine Wall of Death. Klar! So etwas durfte nicht fehlen.

Fünf Jahre haben sich Stick To Your Guns für ihre mittlerweile siebte Platte „Spectre“ Zeit gelassen. Wobei, ganz untätig war man in der zwischenzeit nicht. Bis zur Pandemie war man fleißig auf Tour unterwegs, wie etwa zuletzt 2019 auf dem Impericon Festival in Wien, oder hat sich mit Nebenprojekten wie etwa Ways Away kreativ die Zeit vertrieben. Am Erfolgrezept der Band hat sich auf „Spectre“ wenig geändert. Viel mehr baut man auf vertraute Stärken und liefert gewissermaßen ein Best Of aus den Zutaten, welche Fans der Band über mittlerweile fast zwei Jahrzehnte schätzen und lieben gelernt haben. Aporpos Best Of: Das war auch die Setlist an diesem Abend. Eine knackige Stunde, ohne Zugaben, gefüllt mit Songs aus fast allen Alben (ohne „For What It’s Worth“ und „Comes From The Heart“) wurden zum Besten gegeben. Dabei wurde verdammt viel mitgesungen, getanzt und ja – auch Crowdsurfer:innen waren wieder in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten. Nature is healing!

Ein durch die Bank starker Abend, der ein bisschen Klassentreffen Charakter hatte. „Wie gehts dir? Was hast die letzten drei Jahre so getrieben?“, „Geil, dass solche Bands auch wieder mal in Linz spielen und nicht in Wien oder München“ und ähnliche Sätze konnte man im Foyer und beim Raucherplatzerl vernehmen. Ich kann mich da nur voll anschließen: Geil wars! Bitte gerne mehr davon!

Fotos: Andreas Wörister

Schreibt Albumrezensionen, Konzertberichte und führt gerne Interviews - transkribieren tut er diese aber weniger gern. Immer wieder auch für Blödsinnigkeiten abseits seines Kerngebiets "Musik" zu haben. Hosted einmal monatlich die Sendung "Subtext on Air" auf Radio FRO, ist bei mehreren Kulturinitiativen und in einer Band aktiv.