Filmstill aus Dream Scenario
Foto: a24films.com

Dream Scenario: Cage als Narzisst

In Dream Scenario, dem neuen Film von Kristoffer Borgli begibt sich Nicolas Cage in die Rolle eines langweiligen Familienvaters und Professors. Nur dass dieser zu plötzlicher Bekanntheit gelangt, als aus unerklärlichen Gründen Menschen auf der ganzen Welt beginnen, von ihm zu träumen…

Cage mit Halbglatze als Professor mit PhD? Diese Frage wird in diesem Film mit einem klaren „Ja!“ beantwortet und setzt den Kultschauspieler in ein absurdes Szenario, in dem wildfremde Menschen auf einmal anfangen, ihm in ihren Träumen zu begegnen. Er macht dort nichts, er steht meistens einfach da. Das macht ihn quasi über Nacht zu einem der berühmtesten Personen der Welt. Während er das Rampenlicht zur Veröffentlichung seines Buches nutzen möchte, versuchen verschiedene Agenturen gleich, ein Werbewunder aus ihm zu machen. Zumindest so lange, bis aus den Träumen Albträume werden.

Borgli und sein Narzissmus

Zu internationaler Bekanntheit hat es der Regisseur ja schon mit seinem vorherigen Film „Sick Of Myself“ geschafft. Der hat sich auch schon mit dem Thema Berühmtheit und dem damit einhergehenden Narzissmus befasst. Um jeden Preis Aufmerksamkeit bekommen, das war das Ziel der Protagonistin. Hier hingegen wird Paul Matthews (Nicolas Cage) sehr plötzlich und unfreiwillig in diese Position geschleudert. Das löst zum Glück das Problem der extremen und wenig nachvollziehbaren Figur aus Sick Of Myself sehr schnell. Denn so wird einem als Zuschauer:in wieder und wieder die Frage aufgetischt, wie man denn selbst an Matthews Stelle agieren würde.

Eine 180° Wendung macht Borgli aber nicht, im Gegenteil, er bleibt sich selbst und seinem Narzissmus als Thema treu. Das merkt man vor allem im überhöhten Fremdscham, der einem in unzähligen Szenen um die Ohren (und Augen) geworfen wird. Ein nervöses Lachen von Cage, das stutzig werden, wenn ihm seine Tochter sagt, dass er doch gar nichts in ihren Träumen tut. Da möchte man in seinem Stuhl versinken und wünscht sich, dass sich die Figuren doch endlich alle wie normale Menschen benehmen würden. Wobei Borgli doch gerade das infrage stellt: Ist das nicht normal?

Filmstill aus Dream Scenario
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Cage und seine Unschuld

In letzter Zeit erlebt Nicolas Cage eine Renaissance, ja fast schon einen Hype. Und was soll man sagen? Zurecht, denn mit diesem Film beweist er erneut seine Wandelbarkeit, die ihm doch sonst zu oft abgesprochen wird. Seine Mimiken sind subtil, sagen aber das Tausendfache. Er kann tragisch, glücklich und verzweifelt spielen, alles dabei sitzt. Gegenüber dem restlichen Cast (Michael Cera sei hier auch noch lobend erwähnt) verdient er sich so sein Rampenlicht, trotz Halbglatze und der Ü40-Jacke mit Pelz an der Kapuze. Der perfekte Antiheld, den man im Kino sehen will.

Borgli und sein Pacing

Ich muss zugeben, ich war etwas überrascht, als Borgli alleine beim „Editing“ Credit aufgeschienen ist. Autorenfilmer zu sein ist nicht unbedingt ungewöhnlich, aber der Schnitt wird dann doch meistens von einer anderen Person übernommen. Borgli beweist hier jedoch unglaubliches Feingefühl für Timing und Pacing. So braucht es beispielsweise keine öden Filter oder geändertes Grading, um die Traumsequenzen einzuordnen. Ganz gewitzt werden audiovisuelle Hinweise gesetzt, um das Publikum immer genauso viel wissen zu lassen, wie es wissen muss. So verlässt man das Kino am Ende glücklich, denn keine einzige Szene wäre zu lang, kein Handlungsstrang hinausgezögert und kein Witz erstickt im Keim. Es ist ein abgerundetes Gesamtbild, ein Gesamtbild, das aus einem Guss – Borglis Hand – geformt worden ist.

Fazit

Obwohl ich mit „Sick Of Myself“ kaum bis gar nichts habe anfangen können, bleibt Borgli seinem Stil treu und liefert hier ein weiteres Hoch in Cage’s Filmografie ab. Ein Film, dessen Fremdscham-Momente man bewusst nicht einfach aushalten soll und wo man selbst ständig gefordert wird, sich und die Gesellschaft zu hinterfragen. Provokatives und witziges Kino, auf das man sich freuen darf.


Dream Scenario Filmposter

Dream Scenario

Regie: Kristoffer Borgli

USA, 102 Minuten
Mit Nicholas Cage, Julianne Nicholson, Michael Cera

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Im Zweifel vor dem großen Screen oder hinter der Kamera.