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Crossing Europe, erzähl mir vom Krieg

Das Unfassbare in Bilder fassen. Wenn vom 29. April bis zum 4. Mai das Crossing Europe Filmfestival in Linz stattfindet, dann ist es auch Zeit, über eine der größten Grausamkeiten der Menschheit zu sprechen – den Krieg. In Europa und darüber hinaus.

Blättert man durch das Programm mit 142 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen aus 42 Ländern, stößt man immer wieder auf Werke, die sich mit Krieg auseinandersetzen – über den Krieg, im Krieg, vom Krieg. Schon in den vergangenen Jahren hat Crossing Europe bewegende Geschichten über Gewalt, Zerstörung und Überleben präsentiert. Auffällig ist allerdings, dass sich – anders als zum Krieg in der Ukraine – rund um das Thema Nahostkonflikt keine Filme im Programm finden.

Dieser Artikel bietet eine subjektive Auswahl an Filmen aus diesem thematischen Segment und zeigt auf, bei welchen sich ein genauer Blick besonders lohnt.

Perspektiven des Ukraine-Krieges

Wie schon in den vergangenen Jahren seit dem großflächigen Angriff Russlands auf die Ukraine, gibt es auch heuer wieder zahlreiche Filme, die sich mit diesem Krieg auseinandersetzen. Immer wieder stellt sich dabei die Frage: Wie können die unterschiedlichen Realitäten und Perspektiven eines solchen Ereignisses angemessen gezeigt werden? Die Filme bei Crossing Europe finden dazu ganz unterschiedliche Zugänge. Schon der Eröffnungsfilm bietet eine besondere Sicht auf das Thema: Die Dokumentarfilmerin Alisa Kovalenko erzählt darin ihre eigene Geschichte. Sie zieht in den Krieg, versucht aber gleichzeitig, mit ihrem Sohn Theo in Kontakt zu bleiben. Ein beeindruckendes, tieftrauriges Porträt einer Realität, die man als Zuschauer*in kaum begreifen kann. Definitiv ein Film, für den es sich lohnt, am 1. Mai um 16:00 Uhr ins Kino zu gehen.

Auch zahlreiche andere Filme behandeln den Krieg in der Ukraine und seine Folgen. So zeigt Damian Kocur, Gewinner des Jahres 2023 in der Kategorie „Best Fiction“, auch heuer wieder einen Beitrag – diesmal über den Ukraine-Krieg. In Pod Wulkanem geht es um eine ukrainische Familie, die gerade im Urlaub ist, als ihr Heimatland überfallen wird. Während dieser Film das Erleben von Krieg fernab des Frontgeschehens thematisiert, beleuchtet Queens of Joy von Olga Gibelinda eine ganz andere Perspektive: Drei Dragqueens im Krieg. Dieser Film wird im Rahmen der „Competition Documentary“ gezeigt. Wie bei My Dear Theo ist auch hier die Regisseurin persönlich beim Festival vertreten.

Flucht

Krieg und Gewalt sind immer auch mit Flucht verbunden. In Silent Trees begleitet Agnieszka Zwiefka die 16-jährige Runa und ihre kurdische Familie durch den Alltag in einem polnischen Flüchtlingsquartier. Auch in Lara Milena Broses Dokumentation „Echoes from Borderland“ steht ein junges Schicksal im Fokus: Es geht um eine 15-jährige Afghanin, die an der EU-Außengrenze festsitzt.
Beide Filme rufen eindringlich in Erinnerung, wie oft wir in den täglichen Medien über Menschen sprechen, als wären sie bloße Zahlen oder Objekte – und wie wichtig es ist, ihre Realität zu sehen und zu verstehen.

Fazit

Doch wie erzählt man nun eine Geschichte über Krieg? Wie schafft man das Unfassbare in einen filmischen Rahmen zu fassen? Fragen, die man wohl den Filmschaffenden selbst stellen müsste. Sie erzählen jedenfalls Geschichten, die unvorstellbar und unbegreiflich sind. Realitäten, die man selbst im Kinosaal beim Anschauen einer Dokumentation kaum erfassen kann. Und doch taucht sie immer wieder im Kopf auf, diese Fragen: Warum? Warum sind Menschen zu so etwas fähig? Wie kann man Gewalt je als denkbare Option betrachten? Und wie können wir all das verhindern? Wir leben in einer Welt, die wir oft nicht verstehen – deren Ausmaß und Komplexität uns überfordert. Und doch ist wohl nichts grausamer als der Mensch selbst.

Aber die Filme geben auch Hoffnung. Die Regisseurin, die den vorher erwähnten Film „My dear Theo“ gemacht hat, sagte beim Q & A: „Ich habe diesen Film aus Liebe gemacht“. Und so sind diese Filme auch: Sie erzählen zwar grausame und traurige Geschichten. Dennoch sind es Filme voller Hoffnung auf eine bessere Welt. Ganz im Sinne des diesjährigen Festivalmottos: „Don’t give up on Europe“.



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filmfestival linz
29 april – 04 mai 2025
www.crossingeurope.at

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Die Welt ist meine Leinwand. Kultur und Kinomensch.