Crossing Europe 2020: The Sound Is Innocent

Froh darüber, dass das Crossing Europe Filmfestival nicht zur Gänze ins Wasser fallen muss, wurde die subtext.at-Redaktion coronabedingt doch zum Heimkino gezwungen. “The Sound Is Innocent” bietet den Zuseherinnen und Zuseher greifbaren Zugang zu experimenteller elektronischer Musik. Inhaltlich erweist sich die Dokumentation zweifellos als wirkungsvoll, allerdings nicht als zum Relaxen geeignet.

Zugegeben, experimentelle elektronische Musik ist selbst im 21. Jahrhundert nicht jedermanns Sache. Wer es aber wagt, sich auf Johanna Ožvolds kinematographische Reise einzulassen, dem werden neue Perspektiven und einzigartige Klangwelten offenbart. In fünf Kapiteln begleitet die tschechische Schauspielerin und Regisseurin die Zuseherinnen und Zuseher auf einer Reise durch die Geschichte der elektronischen Musik. Von den Anfängen französischer Avantgardemusik und Bandgeräten bis hin zu abstrakten, computergenerierten Klangwelten der Gegenwart reicht der von Ožvold gespannte Bogen. Ebendieser fließende Bogen wird bestärkt durch die Kameraführung, die dem Publikum das Gefühl gibt, unterwegs zu sein, sowie durch geschickt inszenierte Berichte von Producern, Komponisten, Musikern…

Im Zentrum der Dokumentation steht die Gradwanderung zwischen Geräusch und Musik. Die Zusehenden können den Drang, auf unkonventionelle Art Sounds zu produzieren und die „Musik“ des alltäglichen Lebens einzufangen, miterleben. Der Film beschreibt diese Art von experimenteller Musik vor allem als Versuch, aus Oppression auszubrechen und spiegelt die Omnipräsenz von elektronischem Sound wider. Die Zuseherinnen und Zuseher werden, sowohl direkt als auch mittels gekonnt in Szene-Setzen klanglicher und musikalischer Elemente, aufgefordert, ganz bewusst hinzuhören und nehmen dadurch subtile Klänge wahr, die im lauten Alltag wohl untergehen würden. Dadurch wird dem Publikum allerdings einiges an Konzentration abverlangt. Bewusste, längere Sprechpausen gefüllt mit abstrakten Klanglandschaften sind für die Ohren von Laien doch recht aufreibend, was wiederum das im Film beschriebene Phänomen, wie Musik mit dem Körper interagiert, reflektiert.

Ziel der Filmemacher ist es außerdem, zu zeigen, wie man Musik und Klang auf vielfältigste Art und Weise – nicht nur durch Zuhören allein – mit allen Sinnen spüren und erleben kann. Musik kann mit allem um uns herum gemacht werden, wird die Kernaussage des Films am Ende betont, und es sei sowohl unsere Chance als auch Verantwortung, diese vielförmigen Möglichkeiten auch aufzugreifen.

CROSSING EUROPE EXTRACTS: VoD
The Sound Is Innocent
Johana Ožvold
Tschechien / Frankreich / Slowakien 2019
68 Minuten
Englisch, Tschechisch, Französisch
OmeU
www.crossingeurope.at

Unter dem Titel „Crossing Europe: Extracts“ bietet das Crossing Europe Filmfestival Linz ausgewählte Filme des heurigen Festivalprogrammes online „on demand“ an. In Kooperation mit flimmit und Kino VOD CLUB.

Tagsüber Lehrerin und Sportskanone, nachts subtext-Journalistin, Backstage-Crew, gelegentlich auch Vorband. Cello, vocals, piano.