AVEC: What If We Never Forget

Mit ihrer EP „Heartbeats“ und dem dazugehörigen Hit „Granny“ wurde die Singer & Songwriterin AVEC vor gut einem Jahr von Null auf Hundert bekannt. Touren quer durch Europa und mehrere Amadeus-Nominierungen folgten. Jetzt folgt das erste Album, welches wohl darüber entscheidet, ob die Karriere der Oberösterreicherin weiterhin so steil nach oben gehen wird. Eins vorweg: wer mit AVEC bisher nichts anfangen konnte, wird auch mit diesem Album nicht überzeugt.

Der schnelle Ruhm und der plötzliche Erfolg hat einen großen Nachteil, er erzeugt viel Druck. Dieser ist mit Garantie auch auf der oberösterreichischen Künstlerin gelegen. Nicht ohne Grund wurde das Album auf ihren Wunsch – nachzulesen im Rock im Dorf-Interview, das wir mit ihr geführt haben – um fast ein halbes Jahr nach hinten verlegt, um den letzten Feinschliff zu geben. Es ist diese erste LP, die entscheidet, ob der Erfolg nachhaltig wirkt. Mit großer Spannung ging ich also an diese Review heran – und wurde nicht enttäuscht.

AVEC bleibt ihrem Stil treu, vor allem im ersten Drittel bei Songs wie „Darling“ und „Waiting For“ steht die weibliche Gesangsstimme klar im Fokus, die instrumentale Unterlegung mit Klavier und Gitarre hält sich schön zurück und unterstreicht nur die herrliche Stimme der jungen Oberösterreicherin. Nach dem schon bekannten Hit Granny – über die Entscheidung drei von vier EP-Songs auch auf das Album zu packen, schreibe ich noch später – folgt ein merklicher Bruch.

Generell lässt sich dieses Album in drei Phasen, quasi drei Abschnitte unterteilen, die in sich geschlossen sind, sich aber von den anderen in ihrem Stil merklich unterscheiden. Wo „Oh Boy noch extrem minimalistisch daherkommt, entwickelt Youth eine starke und von den Instrumenten getragene Atmosphäre. Es wirkt schneller und gipfelt in einem wunderschönen Finale. Gleiches gilt für „NFYT, das die Gitarre stärker in den Fokus rückt und im Refrain Hintergrundgesang hinzufügt. Ganz klar sticht jedoch „Bones heraus, wohl der Song mit dem größten Hit-Potenzial. Elektronische Elemente waren so ziemlich das letzte, was ich erwartet habe. Ich würde den Song als eine Mischung aus „Daugther und „Mø, gewürzt mit diesem eigenen, melodisch-traurigen AVEC-Stil beschreiben. Etwas gewöhnungsbedürftig und nicht ganz meins, aber auf jeden Fall interessant und außergewöhnlich. Die starke instrumentale Begleitung, die nicht mehr im Hintergrund bleibt, steht in diesem Abschnitt im Vordergrund.

Mein Favorit: ganz klar das letzte Drittel und der Song „For Me. Durchgehendes Element der letzten drei Nummern ist ein Hintergrundgesang, der stets präsent ist, jedoch nie aufdringlich ist, sondern nur unterstützend wirkt, um die Kulisse zu verstärken. Die Lieder wirken dadurch intensiver, mächtiger und werden wohl vor allem live unglaublich gut sein und der letzte Song „Shadows hat durchaus etwas Isländisches. Textlich bleibt sich AVEC treu und rückt persönliche Themen wie Trennungsschmerz, Abschied und Sehnsucht in den Mittelpunkt.

Wie angekündigt noch ein Wort zu den drei alten neuen Songs. Ich bin kein Fan davon, bis auf Miniänderungen bei „Heartbeats“ – der Song ist 17 Sekunden kürzer geworden – sind diese unverändert. Man kann das als Service für neue Fans sehen. Oder auch einfach als etwas dreiste Möglichkeit, ein Album zu strecken. Ich bin da bei Letzterem.

Aber ich will ja nicht zu kritisch sein, denn dieses erste AVEC Album ist sehr gut geworden. Der genretypischen Gefahr, dass die Songs zu ähnlich klingen, ist man nicht erlegen. Die Abwechslung ist gegeben und trotz Längen hier und da wirkt das Gesamtwerk stimmig. Dieser eigene- melancholische Stil- der ihre Musik ausmacht- ist geblieben und zieht sich wie ein roter Faden durch die persönlichen Texte und die generelle Stimmung. Genrefans und AVEC Fans können bedenkenlos zugreifen, bisherige Hater werden wohl Hater bleiben. Ich hingegen bleibe Fan.

avec

Tracklist

1. Waiting For
2. Darling
3. Oh Boy
4. Granny
5. Youth
6. NFYT
7. Dead
8. Bones
9. Heartbeats
10. Hold On
11. For Me
12. Shadows

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