Die Migrantigen: eine bitterböse Realsatire?

„Gemein“ oder „Mutig“ wird der Film „Die Migrantigen“ in anderen Medien beschrieben. Die Komödie ist aber vor allem eines: eine bitterböse Satire über die Migration und Integration von Menschen in Wien. Lustig und doch so realistisch wie kaum ein anderer Film. 

Klischeehaft? Ja, unbedingt. Der Film von Arman T. Riahi zeigt so ziemlich alle gegenwärtigen Klischees von „den Ausländern“ und „den Hipstern“ auf. Mitten in Wien leben Marko und Benny, beide haben „Migrationshintergrund“, und bei beiden fällt es kaum auf, dass ihre Vorfahren keine „echten Wiener“ sind.  Mit akzentfreiem Wienerisch fallen sie in der großen Stadt wenn dann durch ihr Bobo-Auftreten auf. Beide haben sich dem kultivierten und modernen Leben des Hipsters verschreiben – da ist es auch keine Seltenheit, dass der White Russian mit laktosefreier Milch bestellt oder ein Fahrrad um 4.000 Euro gekauft wird. Marko ist Grafiker – oder Ähnliches – und hat seine eigene Firma. Diese läuft leider nicht ganz so gut, um sich sein luxuriöses Leben leisten zu können. Benny ist ausgebildeter Schauspieler auf der Suche nach einer Rolle. Durch sein Äußeres wird er oft für Rollen als ausländischer Taxifaherer oder ähnlichem angefragt – was oft zu Wertekonflikten führt, da er sich selbst als waschechter Wiener sieht und solche Rollen aus Prinzip nicht annimmt.


Die Produzentin Marlene Weizenhuber arbeitet an einer Dokumentationsserie über den Rudolfsgrund. Zufällig trifft die ambitionierte ORF-Mitarbeiterin auf die beiden, da sie immer noch auf der Suche nach Protagonisten für die Serie ist. Und weil sich die beiden perfekt eignen, werden sie engagiert. Benny, der die Serie als Sprungbrett für seine Karriere sieht, überredet Marko, der auf der Suche nach einer weiteren Einkommensquelle ist, bei dem Fiasko mitzumachen.

Die Beiden geben sich als kleinkriminelle und abgebrühte Migranten aus, die es faustdick hinter den Ohren haben. Damit ihre Lüge nicht auffliegt, bauen sie sich eine zweite Identität, die aus Klischees und Vorurteilen besteht. Und während die beiden durch die Erfüllung dieser Erwartungen und Vorurteile die Serie zum Erfolg machen, setzen sie sich gleichzeitig zum ersten Mal mit den echten Integrationsschicksalen auseinander.

Auf humorvolle Art und Weise schafft es der Film Klischees aufzugreifen-  und im selben Moment auch richtig zu stellen. Gerade das macht die Komödie so wertvoll: die überzogenen Stereotypen prallen auf die doch ernüchternde Realität. Der Film hätte in jedem anderen Vorort einer beliebigen Stadt produziert werden können. Dass das Thema auch internationale Beduetung hat, ist spätestens nach dem Gewinn des Publikumspreises beim Filmfestival in Nashville bewiesen.

98 Minuten Unterhaltung, die wahrscheinlich gerade wegen der politischen Unkorrektheit zum Denken anregt. Aber neben der ganzen sozialen Ebenen kann der Film bestens unterhalten. Lustig, komisch, zum Schmunzeln – es ist und bleibt eine bitterböse Realsatire.

Die Migrantigen

Regie: ARMAN T. RIAHI
Schauspieler: FARIS RAHOMA, ALEKSANDAR PETROVIĆ, DORIS SCHRETZMAYER, MEHMET ALI SALMAN, DANIELA ZACHERL, ZIJAH A. SOKOLOVIC,

Kinostart 9. Juni 2017

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