Die Kunst der Gesellschaftskritik
Die früheren Romane von Michel Houellebecq sind provozierend und polarisieren gleichermaßen. In seinem neuen Werk „Karte und Gebiet“ verpackt der französische Schriftsteller seine scharfe Gesellschaftskritik in einem Kunstroman.
Mit dem Künstler Jed Martin hat Houellebecq eine Romanfigur geschaffen, die äußerst emotionslos durchs Leben geht. Analytisch und reflexiv lässt er den Künstler seine Umgebung sezieren und zur Grundlage seines Schaffens machen. Der Autor selbst tritt in dem Roman allerdings nicht nur als Erzähler sondern auch als Figur selbst auf. Die Schrulligkeit seines Roman-Ichs ist eitle Selbstdarstellung und ironischer Kritik zugleich. Er spielt förmlich mit seinem öffentlichen Ich und kritisiert damit die mediale Darstellung seiner selbst als Skandalautor.
Die Geschichte ist nicht chronologisch erzählt und hat neben der fast als bloße Pflichtübung eingewobenen Liebesgeschichte ebenso Krimi-Elemente. Auch wenn sich ein großer Teil der Handlung um den aktuellen Kunstmarkt dreht wird kein Expertenwissen vorausgesetzt um die Kritik am anhand einer Lebensgeschichte erzählten Werteverfall herauszulesen.
Wer „Elementarteilchen“ oder „Ausweitung der Kampfzone“ noch nicht kennt kann mit diesem Buch einen sanften Einstieg in die Welt des „Skandalautors“ finden. Für Fans von Houellebecq ist dieser Roman zwar etwas gewöhnungsbedürftig, entwickelt allerdings trotzdem einen gewissen Sog. Statt mit einer verstörenden Geschichte quält der Autor die Leser mit einem offenen und lauen Ende. Wie immer gibt es viel Spielraum für Interpretation.
Die Bewertung der subtext-Redaktion:
Karte und Gebiet von Michel Houellebecq
Dumont, gebundene Ausgabe, 416 Seiten, ISBN 978-3832196394
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Artikelbild: Dumont Verlag