© Marc Brenner

Frauen rächen raffinierter

Der britische Theaterregisseur Simon McBurney hat mit „Drive Your Plow Over The Bones Of The Dead” eine der besten Inszenierungen der Wiener Festwochen auf die Beine gestellt. Eine Frau als Dreh- und Angelpunkt einer übernatürlich inspirierten Odyssee, die an den Rand des Wahnsinns getrieben wird. Daneben: Abstruse Nachbarn, verzweifelte Ehegattinnen, tote Männer in der Ortschaft und Rehe, die es auf uns Menschen abgesehen haben.

„Drive Your Plow Over The Bones Of The Dead” von Theaterregisseur Simon McBurney.
© Marc Brenner

Als wäre das Grau und Grau im Winter nicht allein schon Grund genug, um Trübsal zu blasen. Doch in einer entlegenen Siedlung segnen nach und nach Männer das Zeitliche. Aber wer steckt dahinter? Das Ableben der männlichen Ansässigen wirft in dieser Erzählung der polnischen Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk viele Fragen auf. Die Todesumstände sind mysteriös, was die Nachbarschaft in Aufruhr versetzt. Die örtliche Polizei ist alarmiert und rätselt wie sämtliche Mitbürger, wer dahintersteckt. Die zentrale Figur Janina Duszejko stellt die obsessive These in den Raum. Es sind Natur und Tiere, die genug von der Menschheit haben und nun lebensgefährlich zurückschlagen. Glauben will ihr, welch Überraschung, niemand so recht. Hat sie damit trotzdem recht?

„Drive Your Plow Over The Bones Of The Dead” von Theaterregisseur Simon McBurney.
© Marc Brenner

Die Gefahr tastet sich nicht langsam heran, sondern hüpft so flink wie ein verschrecktes Reh über die Bühne. Das Stück ist eine Tragödie, ein Drama mit viel schwarzem (britischen) Humor versehen, welches mit immersiven Spielereien und dynamischen Spannungseffekten erzählerisch im Theater Akzent in Wien fast drei Stunden lang aus den Vollen schöpft. Schrullige, doppelbödige Charaktere entfesseln Sympathie, ehe sie mit ihrem gelebten Opportunismus um die Ecke kommen und uns Zuschauern den Boden unter den Füßen wegziehen. „Gesang der Fledermäuse”, so der titelgebende Roman von Tokarczuk, auf dem dieses Stück von McBurney beruht, wächst besonders mit Ersatz-Hauptdarstellerin Amanda Hadingue über sich hinaus, die ihre ganz eigene Meinung von Recht und Gerechtigkeit hat. 

Fazit

Diese Vorführung beschäftigt sich auf eine ungemein originelle Weise mit Ökoaktivismus, Radikalismus und der Macht des zivilen Ungehorsams unserer Zeit. Bedeutsam und sehr unterhaltend.

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Wiener Festwochen

12. Mai bis 21. Juni 2023

festwochen.at
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