Filmstill aus Àma Gloria
Foto: filmfestivalfreistadt.at

Àma Gloria: Ein Film ganz nah.

Cléo ist sechs Jahre alt und lebt mit ihrem alleinerziehenden Vater in Paris. Am meisten Zeit verbringt sie aber mit ihrem Kindermädchen Gloria. Als diese jedoch plötzlich zurück in ihre Heimat Kap Verde muss, möchte Cléo nicht loslassen, und sie versprechen sich, dass es ein Wiedersehen geben wird.

Es ist ein inniges Drama, das sich in Àma Gloria entfaltet. Die kleine Cléo muss dabei lernen loszulassen, nachdem Gloria aufgrund eines Notfalls in ihrer Familie gezwungen ist, ihren Schützling zu verlassen. Sie reist zurück in ihre Heimat Kap Verde zu ihren Kindern, die eine gerade schwanger, der andere frühpubertär und distant. Als Cléo es schafft, ihren Vater über eine Reise zu Gloria zu überreden, darf sie den Sommer bei ihrem früheren Kindermädchen verbringen. Das bringt eine Art Kulturschock mit sich, der aus den Augen eines Kindes eine ganz besondere Erzählweise mit sich bringt.

Loslassen

Zwischen abstrahiert animierten Szenen wird man dabei in eine Szenerie geworfen, die man sofort zu schätzen lernt. Das bedingungslos liebende Kindermädchen und das unschuldig liebenswürdige Kind strahlen eine Atmosphäre aus, in der man sich sofort geborgen fühlt. Selten schafft es ein Film so schnell, eine so tiefe Bindung zu seinen Hauptcharakteren aufzubauen. Das liegt wahrscheinlich vor allem auch an den Kameraeinstellungen, die es fast gänzlich vermeiden, das Geschehende im Weitwinkel zu zeigen. So bleiben wir mit Closeups ganz nahe am Geschehen, das neben der Soundkulisse zahlreiche Kindheitserinnerungen weckt. Ganz gleich ob spielerisches Baden, das Blasen auf die Hände nach Schürfwunden oder auch das Schwimmen lernen, an Authentizität fehlt es nie. So kommt man am Anfang des Films gar nicht mehr aus dem Schmunzeln heraus.

Besonders sticht dabei die fantastische Leistung der Kinderschauspielerin heraus. So sehr man auch von der hastigen Kamera und dem Schnitt herumgerissen wird, die Emotionen bleiben stets echt und unverfälscht. Und so geht es nach einem traurigen Abschied von Cléo und Gloria zu Szenen mit ihrem Vater, der hier zum Glück nicht antagonisiert, sondern auch stets verständlich aufgezeigt wird.

Kinderaugen

Als Cléo in Afrika ankommt, muss sie sich erst auf die neue Umgebung einstellen. „Dein Haus ist so klein“ ist eine ihrer ersten Beobachtungen, die sie mit Gloria teilt. Diese aber bringt ihr über die folgenden Wochen bei, das Leben immer mehr zu schätzen, wie es ist. So treibt der Film langsam vor sich hin, mit ruhigen, dennoch stets klaustrophobischen Szenen. Das nimmt gegen Ende hin schon etwas die Luft raus, zu einem Höhepunkt kommt es aber doch noch.

Das spannendste ist und bleibt aber die Darstellung der afrikanischen Kultur aus den Augen von Cléo. Ob Akzeptanz, Mutproben oder auch Religion: Alles wird thematisiert und mit ganz viel Herz dargestellt. Wie bereits erwähnt: An Authentizität fehlt es dem Film nie. Besonders das Problem von Cléo, nicht mehr ständig im Mittelpunkt zu stehen, ist besonders gut porträtiert. Erneut findet man sich selbst in der Kindheit wieder, mit all den nötigen Fehlern, um daran zu wachsen.

Und so wächst man gemeinsam mit der Familie mit, so wie Teile kommen und auch gehen. Wie sich Teile nur tolerieren und andere ohne Wenn und Aber lieben. Wie ein paar mit Sturheit im Tunnelblick voranpreschen und andere an Mitmenschen denken, während sie Finanzprobleme ausmerzen müssen. Das alles und eine Sechsjährige mittendrin, dessen Gefühlslage genauso schnell schwankt, wie sich satten Farben aus den immer wieder zwischengeschnittenen Animationen wechseln.

Fazit

Àma Gloria ist ein unglaublich herzliches Porträt von einer Familiendynamik, wie sie einfach so geschieht. Mit fantastischen schauspielerischen Leistungen und malerischen Farben wird einem gleichzeitig eine Sicht präsentiert, wie man sie nur selten sieht. Da kann man über die Längen und die sich einstellende Klaustrophobie gegen Ende hin gut hinwegsehen. Ein zweites Mal wird Àma Gloria noch im Zuge des Heimatfilmfestivals Freistadt am So, 27.08.23 um 10:45 gespielt.


Àma Gloria

Regie: Marie Amachoukeli
Kamera: Inès Tabarin
Frankreich, 2023
83 Minuten


Festival Der neue Heimatfilm

23. – 27. August 2023

www.filmfestivalfreistadt.at

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Festival Der neue Heimatfilm 2023

Im Zweifel vor dem großen Screen oder hinter der Kamera.