For Women
Foto: Katerine Hanol

Natürlich kann ich das! Ich bin ja ein Mädchen!

Die meisten können mit Leichtigkeit ein dutzend bekannte Wissenschaftler, Künstler, Denker oder Kriegshelden nennen. Aber bei den Frauen fangen sie stottern an. Marie Curie – ähhhh. Geht vielen gleich. Kein Wunder, denn die Geschichte wurde hauptsächlich von Männern über Männer geschrieben. Da sind viele viele „Beklaute Frauen“ vergessen oder verdrängt worden.

Erinnern wir uns alle mal an die Geschichte der Menschheit. Die meisten von uns werden in der Schule über die Griechen, die Römer, das Mittelalter, Revolutionen, Monarchien und besondere Erfindungen gehört haben. Vielleicht gab es auch mal eine besondere Faszination für Wildwestgeschichten oder die Wikinger. Und ein paar hatten vielleicht ein Mädchen in der Klasse, dass sich immer mal wieder aufregte, nur über Männer und ihre Großartigkeit zu lernen. 
Die Geschichte der Menschheit wird hauptsächlich aus einer eurozentrischen, kolonialistischen Perspektive erzählt. Das wirkt sich bis heute auf unsere Weltanschauung aus, unser Bildungssystem und sogar auf die Algorithmen und KIs, die unsere Onlinepräsenz beeinflussen aus. So weit, so einseitig. Aber kommen nicht auch andere Menschen in der Geschichte vor. Haben nicht auch Frauen den Zeitstrang und die Zukunft verändert. Die eindeutige Antwort darauf ist JA! Es hat unglaublich viele mutige, intelligente und willensstarke Frauen in der Geschichte gegeben. Leider wurden ihnen oft genau diese Eigenschaften abgesprochen, denn sie seien zu unweiblich. Frauen hatten schwach und liebevolle sanfte Püppchen zu sein, die sich in einer Welt der Männer treiben lassen. 

Warum hat Rosalind Franklin eigentlich keinen Nobelpreis bekommen? 

In ihrem Buch „Beklaute Frauen“ schreibt die Historikerin Leonie Schöler, die Geschichte von vielen Frauen, die unsere Geschichte stark beeinflusst haben. Was alle diese Frauen eint? Sie wurden um ihrer Gedanken, Erfindungen, Forschungsergebnisse, Kreativität und anderer Verdienste betrogen. Auf etwa 300 Seiten rechnet sie ab, mit allen jenen, die die gesellschaftliche Unterlegenheit der Frauen zu ihren Gunsten ausgenutzt haben. Da stehen Männer wie Einstein, Picasso oder Brecht auf einmal in einem ganz anderen Licht da. Dass Frauen wie Rosalind Franklin, Lise Meitner, Eleanor Marx, Elisabeth Hauptmann und viele mehr den großen Herren ihrer Zeit ebenbürtig waren, zumindest auf geistiger Ebene, wurde bewusst und unbewusst abgewertet. In dem Buch wird die zentraleuropäische Geschichte anhand von Biografien und Ereignissen erhält, wobei, wie die Autorin selbst sagt, Geschichte keine Linearität hat. In Themenkapitel zusammengepackt, scheinen die Namen großer Frauen auf. Zwischen drinnen gibt es immer wieder geschichtliche Einordnungen und persönliche Anekdoten aus dem Leben der Autorin. 

Frauen und Krieg

„Wo sind die Feministen, wenn Krieg ist? Ich habe noch keine Feministin an der Front gesehen.“ Mit diesen Aussagen versuchen sogenannte Manfluencer den Anspruch auf Gleichberechtigung zu untergraben. Nach der Lektüre von Schölers Buch, kann man auf diese Frage eine ganze Liste an Namen nennen, von Frauen, die sich mutig an die vorderste Front stellen. Allem Gegenwind zum trotz ihr Land, ihre Werte und ihre Rechte mit der Waffe verteidigen. Frauen zogen nicht nur in den Krieg, wurden missbraucht und starben für andere, sie bekamen dafür nicht einmal die gleiche Anerkennung, wie ihre männlichen Kameraden, bei einer erfolgreichen heimkehr. Die wenigsten Soldatinnen gingen als Heldinnen in die Geschichte ein. Die meisten galten als entmenschlicht und abstoßend für die Gesellschaft. 

Man kann ihr eigentlich für dieses Buch nur dankbar sein. So viel nützliches feministisches Nerdwissen hat man selten in einem Buch. Und dann ist es auch noch so angenehm flüssig zu lesen. Mit scharfem Humor führt einen Schöler durch den dichten Dschungel an historischen Fakten. Alleine, das das Quellenverzeichnis fast das halbe Buch ausmacht, ist schon sehr beeindruckend.

How hard can it be – boys do it!

Es wird Zeit, dass sich nicht betroffene Personen mit den diskriminierenden Aspekten der Gesellschaft auseinandersetzen. Dafür ist dieses Buch ein guter Einstieg. Es zeigt deutlich auf, was Frauen (er)leben. Warum Diskriminierung so tief in unserer Gesellschaft verwurzelt ist. Warum wir Feminismus brauen und wie einfach uninformierte, dafür umso lautere Kommentare zu entkräften wären. Vielleicht einfach mal ein bisschen schlauer und schlagfertiger in den Sommer starten.


Beklaute Frauen

Denkerinnen, Forscherinnen, Pionierinnen
Die unsichtbaren Heldinnen der Geschichte
von Leonie Schöler

Penguin Verlag
416 Seiten, Deutsch, gebundene Ausgabe

€ 22,70 – jetzt bestellen

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Für den Kopf im Labor, für die Seele am Schreiben. Wenn ich über ein gutes Buch rede, einfach unterbrechen. Das könnte sonst lang dauern.