Foto: Keleen Loewen

Die Einladung – Lohnt sich Fitzek noch?

Marla Lindberg erhält eine Einladung zu einem Klassentreffen in den Bergen. Mit Vorfreude blickt sie dem Wochenende entgegen. Besonders auf Kilian, ihren alten Schulfreund und Schwarm, freut sie sich. Doch schon bald wird ihr klar, dass es jemand mit tödlicher Absicht auf sie abgesehen hat. Wer also hat ihr die Einladung geschickt?

Klassisch Fitzek beginnt das Buch mit einer Szene, in der sich ein Typ, Marlas Vater, einfach mal selbst die Kehle durchschneidet. Wäre ja auch nicht Sebastian Fitzek, wenn nicht irgendetwas Verstörendes gleich zu Beginn klarstellt, wo du bei diesem Buch dran bist. Marla selbst wird später Opfer von jemanden, der im Buch als „Planen-Mensch“ bezeichnet wird. Eine Person, überzogen von einer Plastikplane, attackiert sie in einem Kreissaal, woraufhin sie eine Narbe im Gesicht davonträgt. Ewig redet man ihr ein, dieses Ereignis wäre nie passiert, reine Fiktion. Marla ist zudem Gesichtsblind, was bedeutet, dass sie sich Gesichter nicht merken kann. Stattdessen erkennt sie Freunde und Bekannte an bestimmten Merkmalen. Durch ihre Gesichtsblindheit ist sie in der Lage, andere Dinge in der Umgebung besser wahrzunehmen als Menschen ohne Gesichtsblindheit. Aufgrund dieser Eigenschaft arbeitet sie auch für die Polizei und hilft dabei, Kriminalfälle zu lösen.

Eines Tages erhält sie eine Einladung zu einem Klassentreffen in den Bergen. Kilian kommt auch, steht darauf, woraufhin sich in ihr alte Glücksgefühle auftun. Mit Vorfreude macht sie sich an besagtem Wochenende auf den Weg dorthin. Dabei trifft sie unterwegs bereits einen Mann, der ihr eindringlichst davon abrät, dort hinaufzugehen, bevor er in den Zug steigt, und davonfährt. Logisch, warum sollte er ihr auch eine genauere Erklärung geben, wieso und weshalb, geschweige denn sich vorstellen? Natürlich geht Marla trotzdem hinauf in die Schneehütte, ahnte jedoch nicht, dass oben eine Kette an Grausamkeiten auf sie wartet. Denn irgendjemand will sich rächen. Doch wer? Und an wem?

Empfehlenswert, aber…

Wie jedes Fitzek Buch hat auch dieses zwei Lager gebildet. Die einen lieben es, andere hassen es. Und ja, es gibt Dinge, die könnte man besser machen, aber allgemein hat es mich unterhalten. Wie immer hat Fitzek auch hier kurze, rasante Kapitel mit Cliffhangern, die es, aufgrund ihrer einfachen und schnellen Lesbarkeit, immer schaffen, in mir eine unglaubliche Befriedigung auszulösen, wenn ich damit fertig bin. Als würde ich Punkte sammeln und nicht damit aufhören wollen. Der Spannungsbogen ist dabei meist sehr hoch und fixt einen ordentlich an.

Über das Ende kann man streiten, mir hat es jedoch gefallen und konnte mich tatsächlich auch überraschen. Was mir jedoch weniger gefallen hat, war das Gefühl, dass Fitzek in seinen Thrillern ungern Neues probiert. Es ist dasselbe Rezept, dass er immer wieder verwendet. Plot Twist nach Plot Twist. Kommt der erste Twist, weiß ich schon, dass sich alles noch dreimal ändert, weswegen ich den ersten Twist nicht mehr so ernst nehmen kann. Das sind jedoch Dinge, die erst irgendwann auffallen, wenn man schon den x-ten Fitzek gelesen hat, also Kleinigkeiten. Neben den Kleinigkeiten war ich am Ende jedoch mit dem Buch zufrieden. Die Geschichte war spannend und unterhaltend, insbesondere die ersten hundert Seiten, wo sich ganz auf Marla konzentriert wurde. Ich hatte das Gefühl, eine richtige Verbindung zu ihr aufzubauen.

Die vielen Zeitsprünge waren stellenweise jedoch etwas verwirrend und manchmal hatte ich Fragen wegen Fitzeks Schreibstil. Grundsätzlich mag ich den Stil ja, aber hier und da klingt er dann doch etwas unrealistisch. So gibt es eine Stelle, wo jemand rückwärts die Klippe runterfällt, während eine Zeugin die Tragödie beobachtet. Dabei schreibt der Autor, dass sich der Fallende dachte, die Zeugin wird wahrscheinlich glauben seine rudernden Arme würden ihr zuwinken. Ich weiß natürlich, was Fitzek damit beschreiben will, aber kein in den Tod stürzender Mensch denkt sich so etwas. Diese Behauptung wage ich quellenlos in den Raum zu stellen! Wichtig also zu beachten: wer Fitzek liest, sollte grundsätzlich nicht alles hinterfragen.

Lohnt sich Fitzek noch?

Im deutschsprachigen Raum wird wahrscheinlich keinem so genau auf die Finger geguckt wie dem erfolgreichsten Autor Deutschlands, Sebastian Fitzek. Die Antwort auf die Frage, ob sich Fitzek noch lohnt, ist daher schwierig, denn fragt man das Internet, so findet man jede erdenkliche Meinung. Seine Kritiker finden grundsätzlich einen Grund seine Bücher zu hassen, genauso wie hartgesottene Fans ihre Gründe finden ihn zu verehren. Ich würde die Frage trotzdem mit einem Ja beantworten. Fitzek lohnt sich noch. Besonders mit seinem Buch „Elternabend“ hat er gezeigt, dass er mehr kann als nur brutale Psychothriller. Ich würde mich sogar freuen, wenn Fitzek dem Psychoalltag mal eine Pause gönnt und sich stattdessen auf Geschichten dieser Art konzentriert.

Und auch wenn manche seiner letzten Bücher ihre Schwächen hatten, unterhalten und fesseln sie jedoch trotzdem, und genau das ist letzten Endes doch das Ziel eines Buches. Zumindest meiner Meinung nach. Ist die Story spannend, kann ich ein paar Schwächen verzeihen. Wenn ich eine Verbindung mit der*dem Protagonist*in aufbauen kann, fällt es mir leichter zu verzeihen, dass irgendein Typ sich händeringend dumme Fragen stellt, während unter ihm hunderte Meter Nichts sind.

Über Fitzek wird viel diskutiert, trotzdem schafft er es immer wieder, die Leute aus beiden Lagern zum Kauf zu bewegen. Irgendwie will dann doch niemand verpassen, was sich der ehemalige Jurastudent und Moderator dieses Mal für Schreckensgeschichten aus dem Kopf gezogen hat. Ich auch nicht. Deswegen wird das wahrscheinlich auch nicht meine letzte Rezension zu ihm sein.

Fazit

Ich empfehle das Buch all jenen, die einen spannenden Fitzek lesen wollen, und okay damit sind, dass manche Dinge in Büchern einfach so sind wie sie sind. Man muss nicht immer alles hinterfragen. Auch wenn nicht jeder meiner Meinung sein wird, finde ich dennoch, dass „Die Einladung“ eine gelungene Unterhaltung bietet. Hier und da muss man vielleicht mal ein Auge zudrücken, dafür bekommt man im Umkehrschluss ein passendes Gegenmittel zu Langeweile.  


Die Einladung

von Sebastian Fitzek

Droemer Verlag
384 Seiten, Deutsch, gebundene Ausgabe

€ 24,70 – jetzt bestellen

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