finkstonball 2024 athletics attnang
Foto: Christoph Leeb

Take Me Out To The Ballgame

Base- und Softball, Bier, Sonne, Musik – das traditionelle Finkstonball-Turnier im sonst mitunter beschaulichen Attnang-Puchheim lockte auch heuer wieder zahlreiche SpielerInnen und Interessierte auf den Attnanger Spitzberg. Aja, und Musik gabs natürlich auch!

„Take me out to the ball game“ – was Jack Norworth und Albert von Tilzer bereits 1908 besangen, ist seither so etwas wie der Inbegriff amerikanischer Sportkultur geworden. Auch in Oberösterreich ist Baseball mittlerweile heimisch. 1991 gründeten sich die Attnang Athletics in der oberösterreichischen Eisenbahnerhochburg. Mit dem Finkstonball-Baseballturnier samt angeschlossenem Pfingstspektakel-Partyvergnügen sorgen sie auch seit 1997 an jedem Pfingstwochenende für ein Stelldichein motivierter SportlerInnen. Auf der Home Plate und an den Pfingstspektakel-Bars, versteht sich. Die aktuelle Auflage 2024 stand im Zeichen des Sportes. Das Rahmenprogramm war nämlich etwas zusammengekürzt, aber nicht minder intensiv. Wer das genauer wissen will, sollte mal einen Telefonanruf bei den Baseballern der Sissach Frogs riskieren, deren Status als „Bartender’s Heroes auch heuer unangefochten blieb. Wenn er mehr als ein verkatertes „Urgh“ herausbekommt: Respekt! Aber der Reihe nach:

Oh what a mighty night this was…

25 Finkstonball, 26 Pfingstspektakel. In den Mittzwanzigern ist das Festival – sowohl sportlich als auch kulturell – nun schön langsam erwachsen geworden und es scheint, als hätte es die „Sturm und Drang“-Phase überwunden. Was früher in der Attnanger Mehrzweckhalle noch ein landjugendliches Komabesäufnis mit gelegentlicher Musikuntermalung war, ist mittlerweile ein kleines, feines, familiäres und inniges Nischentreffen. Persönlich finden wir das äußerst exzellent, denn auch an uns sind die Spuren vergangener Pfingsten nicht vorübergegangen. Man wird älter, man sitzt länger auf den schattigen Bänken über dem Hometeam-Dugout und man freut sich, wenn man auch auf einem Festival mal vor zwei Uhr ins Bettchen hüpfen darf. Das morsche Gerippe dankt.

Ein Gesundschrumpfen, das gut getan hat

In einem Land vor unserer Zeit schrieben wir, dass sich das Festival 2018 „gesundgeschrumpft“ hatte. Und nach zwei seuchenbedingten Brachejahren und den verheerenden Ausfällen von 2022 setzt sich dieser Trend weiter fort. Statt drei Nächten lang Halligallidrecksauparty mit Bands en masse bewegt man sich am Vorplatz des A’s Ballparks am Spitzberg nun immer mehr dazu, sich auf das Wesentliche zu fokussieren. Obwohl die Auslastung früher an allen Abenden durchaus beachtlich war – was bei der Fülle an lokalen, nationalen und internationalen Topacts nicht überrascht – mussten die Schirmherren und -damen der Attnang Athletics nach den unwetterbedingten Ausfällen Konsequenzen für ein vertretbareres Risikomanagement ziehen.

Die spürbarste Konsequenz war der Rotstift bei den Bands. Wo letztes Jahr schon der Freitag von drei auf einen Act geschrumpft war, wurde heuer auch der Sonntag gänzlich eingespart, beziehungsweise durch die 25-Jahre-Afterparty mit DJ ersetzt. Live-Musik gab es immerhin am Freitag von THE SELENITES und CHRIS THE PIRATE, JESHUA MARSHALL & THE FLOOD, sowie WHAM BAM BODYSLAM am Samstag. Dass sich dieses Pokern gegen die auslaufenden Eisheiligen auszahlt, zeigte sich bei der unfreiwilligen Spontandusche am Sonntagabend. Hier wurden pünktlich zum letzten Pitch des abendlichen Halbfinales die Budapest Reds (HUN) und die X-Presidents (USA) vom Platz ins Partyzelt gespült. Abgesehen davon blickten Pankratius und seine Kolleg:innen zum Glück gütig auf das gelobte Land des Sportes und des (Folk-)Punks.

Freitag – bitte mehr Rockabilly

Apropos Folk und Punk. Was lief denn da überhaupt über die Bühne? Angestochen wurde das 26. Pfingstspektakel von THE SELENITES. Ihres Zeichens das, was man sich unter „Old School Rockabilly aus Österreich“ vorstellt. Mit Kontrabass, E-Klampfn und einem Drumset schießen die drei Oberösterreicher grob in die Richtung des 50er- und 60er-Rock ’n’ Rolls, mit kleinen Ausflügen in fenderlastigen Surf. Fazit: Boah he jo, bitte mehr davon! Die thematische DJ-Faust aufs Band-Aug war im Anschluss DJ „Hellfish“ Hödlmoser; beliebt, berühmt, berüchtigt als Gitarrenjongleur von HENGRENADE und CHOKING REVENGE. Exzellente Kombi, da fetzt es einem fast die rote DAX aus den Haaren.

Samstag – Wham Bam Bodyslam, die 16te

Samstags ging es nach erfolgreichem Herumgejohle zu und Herumsinnieren über Baseball- und Softballspielen, sowie der regelmäßigen Qualitätskontrolle der vorhandenen Ausschankprodukte fließend-flüssig ins Abendprogramm über.

Der Auftakt erfolgte durch einen inbrünstigen Abendgottesdienst zu Ehren des heiligen „Raptor Jesus“ von seinem Hohepriester, CHRIS THE PIRATE. Beim kurzen Wegsehen und blinden Zuhören könnte man meinen, BLACK DOG CUBIK wären von den Totgesagten wiederauferstanden. Mit stampfender Perkussion, stellenweiser Mundharmonika und treibender E-Gitarre steht sitzt CHRIS THE PIRATE hier seinen Mann und predigt von überfahrenem Roadkill und dem allgegenwärtigen Dinomessias. In Nomine RAWWWRRRR.

Im Anschluss holte sich JESHUA MARSHALL seinen Pfingst-Hattrick ab, denn nach seinem Gig mit LARRY & HIS FLASK Anno 2013 und dem Sologig letztes Jahr, beehrte der sympathische Zopferlträger aus Kanada heuer zum Dritten mal den A’s Ballpark. Und spätestens beim ersten Akkord wusste man, warum. Jeshua liefert einfach eine wundervolle Mischung aus Punkrock, Folk und nahezu mainstream-radiotauglichen Herzschmelz-Vocals ab. Gepaart mit seiner unzähmbaren Live-Energie – Prädikat „Wespen im Arsch“ – zaubert er hier mit seiner Unterstützerband THE FLOOD wieder mal ein Konzerterlebnis der Extraklasse. Egal, ob auf der Bühne oder davor. Gerne wieder und bis zum 5. Pfingstauftritt führen die Athletics hoffentlich auch eine Treuestempelkarte für Bands ein.

their time, their city…

Diese Treuekarte wäre bei dem Fixstern am Pfingsthimmel – WHAM BAM BODYSLAM – eh schon längst überfällig, beziehungsweise ja auch schon überflüssig. Pfingsten ohne WHAM BAM wäre wie Baseball ohne Bats, oder Pfingsten ohne Big Wombolino Burger: schwer bis gar nicht verkraftbar! WHAM BAM hingegen waren sehr gut zu verkraften und auch zu ihrem 16-jährigen Pfingstjubiläum haben sich die Jungs nicht lumpen lassen. Fürs Intro wurde Saskia Konz am Dudelsack verpflichtet und gegen Ende durfte CHRIS THE PIRATE mit seiner E-Gitarre bei „By The Pearls“ gebührend unterstützen. Zwischendrin gab es mit „Trials & Tribulation“ und „Treasures“ gleich zwei Pfingst-Songpremieren. Und wie bei jedem neuen Song, den WBB heraushauen, fragt man sich, wann denn endlich Studioalbum Nr. 3 kommt. Abgesehen von Neuem und Bewährtem gab es auch das ein oder andere THE POGUES-Cover in lauter Erinnerung an Shane MacGowan. Still wurde es zwischendurch nicht ganz unpassend bei „Your Smile“, als Mineralwasser in Kombination mit Stromverteilern kurz mal die gesamte Anlage schoss. Najo, alles halb so schlimm, denn mit Sänger Herbys beherztem Sprung in die Menge und dem Impromptu-Unpluggedgig wurde die kurze Reparaturpause zügig überbrückt.

Und nach großzügigen 23 Songs war es dann auch schon wieder vorbei – zumindest mit der Live-Musik.

Sonntag, Montag – und war da nicht noch was mit Sport?

Bei all der Lobhudelei auf das WHAM BAM BODYSLAM ’sche Erreichen des legalen Biertrinkalters, zumindest in Pfingstspektakel-Auftritten gerechnet, und auf die JESHUA MARSHALL’sche Wespen-im-Arsch-Performance hätten wir es ja fast schon wieder vergessen: sportliche Höchstleistungen gabs ja auch!

Denn tagsüber konnte man sich die Zeit beim aufmerksamen Beobachten von Baseballern beim Versuch des Homeruns vertreiben. Wahlweise auch den Damen beim Softball am zweiten Feld zusehen. Oder, wenn man beides kombinieren wollte: an der Tiki-Bar hinter dem Centerfield versumpfen. Gefährlich, wie wir aus erster Hand berichten können.

Nach den Spielen am Sonntag gab es für die 25-Jahresparty von Finkstonball noch ein DJ-Set mit unfreiwilliger Fußwäsche im Partyzelt, bevor sich die abgekämpften Kriegerinnen und Krieger des Amerikanischen Ballschupfsports niederlegten und sich auf den letzten Tag vorbereiten konnten. An dieser Stelle nochmals eine „Special Mention“ an die Sissach Frogs, die hier eingangs schon erwähnt wurden. Böse Zungen behaupten ja, dass das Finkstonball Tournament zu einem Gutteil auch durch Gerstensaftspenden dieses Schweizer Baseballteams mitfinanziert wird. Die Seidlwertung ging auch in diesem Jahr wieder unangefochten an die Dauergäste des Finkstonball-Turnieres. Chapeau dafür! Und Vierter im Turnier wurden sie auch noch!

Pfingsten, es bleibt unser Lieblingsfest

Sportlich ließen die Globetrotters der Baseball Jobs Overseas auch heuer wenig anbrennen und zwangen ihre Finalgegner der X-Presidents bei 15:1 zu einer Mercy Rule. Aber hey, der Sieg bleibt ja eh quasi in der Familie, ist das Attnanger Denkmal Dave Burns doch verantwortlich für die baseballspielende Weltauswahl. Für alle nicht so Baseball-Affinen übrigens: eine Mercy Rule ist vergleichbar, als ob die Spanien-Fußballpartie 1999 nach dem 9:0 wegen Aussichtslosigkeit einfach beendet worden wäre. Bei den Softball-Damen gab es ein deutsches Finale: Die Stuttgart Reds bezwangen die Regensburger Legionäre knapp, aber doch.

Und nach diesen spannenden Platzierungs- und Finalspielen auf den Baseball- und Softballfeldern und der anschließenden Siegerehrung war am frühen Montagabend endgültig Schicht im Schacht. Schade. Aber wir freuen uns auf Finkstonball XXVI und das 27. Pfingstspektakel. Denn nach Pfingsten ist vor Pfingsten. Und Pfingsten, das ist unser Lieblingsfest.

Links

Text: Christoph Leeb & Markus Wetzlmayr

Foto: Christoph Leeb, Markus Wetzlmayr, Andreas Wörister

Markus liefert als Teil der Wiener Fraktion von Subtext Konzertfotos aller möglichen Genres. Egal ob Hip Hop oder Black Metal - Hauptsache die Musik geht unter die Haut und drückt in den Ohren.