josh. posthof linz
Foto: Christoph Leeb

Josh. auf großer Reparatour

Zweieinhalb Stunden Set, Streicherarrangements, aufwändige Produktion: Im Posthof Linz bewies der Wiener Musiker Josh., dass er endgültig zum heimischen Popstar geworden ist.

2018 stand der Johannes Sumpich alias Josh. zum ersten Mal auf der Bühne des Posthofes (hier zum Rückblick). Damals noch eher minimalistisch-puristisch vor 300 hartgesottenen Josh.-Fans der ersten Stunde. Ohne Tam Tam, ohne spezielle Lichtshow, ohne „Extras“. Die Leute damals wurden natürlich via Cordula Grün angefixt, und das Rakede-Cover haben wir auch 2024 noch nicht vergessen. Schon damals haben wir geschrieben, dass man Josh. angemerkt hat, nicht nur auf diese eine Single reduziert werden zu wollen. Ein Credo, das er sechs Jahre, eine Pandemie und drei Alben später wohl beibehalten hat. Aber dazu später mehr.

Castilho: eröffnung im Foyer

Eröffnet wurde der Konzertabend im ausverkauften Posthof in Linz nämlich bereits um 19 Uhr. 19 Uhr? Da ist ja noch nicht mal der Konzertsaal offen, oder? Richtig. War er auch nicht. Denn Pedro Castilho alias Castilho wurde kurzerhand ins Foyer verfrachtet, um den Abend zu eröffnen. Der Künstler aus Portugal dürfte im Posthof übrigens einen Rekord halten – nämlich den, drei Gigs im Posthof gespielt zu haben, ohne nur ein einziges Mal davon auf einer offiziellen Bühne des Zeitkulturhauses gestanden zu sein.

Wie das geht? Nun ja, er war schon mal 2023 im Foyer des großen Saals zu Gast. Dasselbe heuer im April – im Foyer des mittleren Saales. Angesichts dessen könnte man schon mal sagen: Stellt den doch mal auf die „echte“ Bühne! Denn dann wirds auch einfacher als zwischen Einlass, Bar und Garderobe im Rahmen eines Josh.-Konzertes. Verdient hätte sich der Portugiese das allemal, mit Songs wie Lucky Ones und The Wind Blows. Dann auch mit garantiert mehr Aufmerksamkeit.

Kurz danach gings auch „offiziell“ los im restlos ausverkauften Saal des Linzer Posthofes. NNOA durfte den zweiten Supportslot dieses Abends bespielen. Die Newcomerin aus Österreich hat ihre Heimat im R’n’B-angehauchten Pop gefunden. Highs & Heartbreaks heißt die aktuelle Debutplatte der mittlerweile in Mannheim gelandeten Künstlerin. Dass die Frau was von Singen versteht, hört man auch – das hat Hand & Fuß, bereitet nicht nur der Musikerin Freude. Und ist damit ein gut genutzter, knapp halbstündiger Supportslot. Kann frau so machen, wenn man es schon mal auf die Posthof-Stage geschafft hat!

Josh.: Espresso, Streicher, Martinas und Cordulas

Gekommen waren die 1.200 Besucher aber natürlich wegen Josh.. Hoffnungslos ausverkauft, und die eingangs erwähnte eher spartanischen Tourausstattung ist 2024 einer Produktion gewichen, die internationalen Ansprüchen genügt. LKW mit Equipment und Tourbus hinter der Bühne inklusive. Die Crew ist natürlich auch größer geworden, die Lichtshow braucht einige tausend Kilowatt mehr als der Standard-Light-Truss – aber Josh. selber ist witzigerweise on stage derselbe geblieben. Gut gelaunt und nahbar. Natürlich scheint es so, als ob der Posthof-Gig an diesem Mittwoch quasi der Probegalopp für das bisher größte Josh.-Konzert ist. Dieses findet am 7. November in der Wiener Stadthalle statt, mit gut 10.000 Besuchern anstatt der 1.200 an diesem Abend.

Es sollte aber ein Konzertabend werden, der alle Stückerln spielt. Da werden Klassiker wie Espresso & Tschianti zelebriert, da werden aber auch seltener gespielte Tracks wie Melodie verlorn von der Debutplatte Von Mädchen und Farben ins Set integriert. Da gibt es ein im Gedächtnis bleibendes Intermezzo von Nur nicht von dir und Bleib mit mir über und eine Hommage an den Erzfeind des gelernten Österreichers, Deutscher Kaffee. Stilistisch ist sich Josh. treu geblieben – natürlich geht’s auch 2024 auf der neuen Reparatur-Platte oft noch um Beziehungen, Schmerzen und alle dazwischen diffundierenden Erlebnisse. Das macht Josh. richtig gut – und man merkt, dass Josh. nicht ausschließlich Popmusiker, sondern in der Vergangenheit auch ausbildungstechnisch und in anderen Genres beheimatet in der Musik unterwegs war.

Hier kriegt man noch was für das Geld: zweieinhalb Stunden Unterhaltung

Die Pop-Schiene passt aber zu Josh., der sich für den Posthof-Konzertabend erstmals auch noch zusätzliche weibliche Verstärkung für die seit Jahren eingespielte und perfekt harmonierende Band geholt hat: ein Streichquartett, The Vienna Stringforce. Das wertet die Darbietung natürlich merklich auf, und man hat schon das Gefühl, dass da irgendwann mal ein Unplugged-Konzert in speziellem Setting notwendig wäre. Haben das doch Artists wie Christina Stürmer etwa aktuell schon vorgemacht. Liebe zum Frühstück, Wenn ich heut bei dir bleib und viele mehr – Zweidreiviertelstunden spielt sich Josh. durch die beträchtlich angewachsene Diskografie. Und hey, wenn es mittlerweile Josh.-Liederbücher zum Gitarre lernen zu kaufen gibt, hat man als Artist nicht allzu viel falsch gemacht. Zum Schluss darf auch die alte Dame Cordula Grün nochmal den Posthof animieren, dann wird ein, wie es der Protagonist des Abends ausdrückte, leiwander Konzertabend beendet. Wenn schon Pop-Konzert, dann bitte so, wie es Josh. an diesem Abend im Posthof zelebriert hat. Und eine Special Mention zum Schluss noch: Respekt an dieser Stelle an den motiviertesten Monitor-Soundmann, den wir je gesehen haben!

Foto: Sarah Mayr, Christoph Leeb

Musik-Nerd mit Faible für Post-Ehalles. Vinyl-Sammler. Konzertfotograf mit Leidenschaft, gerne auch analog. Biertrinker. Eishockeyfan. "Systemerhaltende" Krankenschwester - wohl auch deshalb manchmal (zu) zynisch.