Lost Places können Gruselig sein
Foto: Edilson Borges

Gruselig und verlassen: Lost Places zu Halloween

Ein verlassenes Sanatorium, ein stillgelegtes Kraftwerk, eine verwaiste Fabrikhalle oder ein gruseliger Wald: Nicht nur jetzt, wo’s wieder früher finster wird und der Nebel aufzieht, haben solche schaurigen Plätze eine besondere Faszination. Vier Bücher stellen die schönsten Lost Places in Österreich, Europa und der Welt vor.

Zu Halloween spaziere ich gerne mal Abends über den Friedhof. Genau genommen eigentlich einen Tag später. Denn nach Allerheiligen brennen dort auf den Gräbern so viele Kerzen wie sonst nie. Einfach schaurig schön. Seit Menschengedenken üben Horrorfilme, Gespenstergeschichten und Erzählungen am Lagerfeuer eine gruselige Faszination aus. Doch es sind nicht nur fantastische Geschichten – auch die reale Welt hat ihre dunklen Seiten. Die Gründe, wieso viele bewusst solche gespenstischen Orte aufsuchen, sind vielfältig. Manchmal ist es der Nervenkitzel, oder man ist ganz speziell der Geschichte interessiert. Andere sind auf der Suche nach besonderen Fotomotiven und auch Schatzsucher:innen sind öfters an verlassenen Orten unterwegs. Die sind aber nicht besonders gerne gesehen, denn Urban Explorer haben ein gemeinsames Motto: „take nothing but pictures leave nothing but footprints, kill nothing but time“.

Abenteuer im Verborgenen

Lost Places sind verlassene Gebäude oder Orte, die einst pulsierendes Leben beherbergten. Heute sind sie versteckte Schätze für Urbexer. Mit rostigen Türen und zerbrochenen Fensterscheiben laden sie ein, das Unbekannte zu erkunden. Doch Vorsicht ist geboten, denn das Betreten kann gefährlich sein und ist oft illegal. Beim Urban Exploring geht es nicht nur um Abenteuerlust, sondern auch um Verantwortung. Das respektvolle Erkunden und Bewahren dieser Orte steht im Vordergrund. Vandalismus und Plünderung sind tabu. Urbexer sind oft darum bemüht, den Zustand der verlassenen Orte zu dokumentieren und für den Erhalt zu sensibilisieren. Eine achtsame Herangehensweise ist entscheidend, um diese einzigartigen Orte für kommende Generationen zu bewahren.

Orte mit Geschichte

Der Tod, der muss ein Wiener gewesen sein, sang schon Georg Kreisler. Und neben Zentralfriedhof und Bestattungsmuseum wird der Stadt und ihren Bewohner:innen ja grundsätzlich ein Hang zum morbiden nachgesagt.

Aber Jahrhunderte an Geschichte gehen eben nicht spurlos an einem vorbei und neben alten Palästen und einer filmreifen Kanalisation hat die Stadt einiges zu bieten. Erstmal gehts natürlich in die Keller unter der Stadt. Und nicht nur Privathäuser haben mehrstöckige und weitverzweigte Kelleranlagen, auch die berühmten Museen, Tempel und Schlösser aus der Habsburgerzeit.

Die beiden Autoren erkunden nicht nur spektakuläre Orte, sie erzählen dabei auch richtig viel aus deren Geschichte. Manche davon kann man besuchen, hier wird die Adresse verraten. Andere sind privat oder durchaus gefährlich zu begehen. Auf jeden Fall macht das Buch Lust darauf, den Untergrund Wiens näher kennenzulernen.

Lost Places
in Wien und Umgebung
Lost Places

in Wien und Umgebung
von Robert Bouchal und Johannes Sachslehner

Styria Verlag
224 Seiten, Deutsch, Softcover

€ 28 – jetzt bestellen

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Unterwegs in Österreich

Raus aus dem Kellern und ab in die Natur. Der Fotograf Thomas Windisch zeigt gerne, wie sich Pflanzen langsam ihren Lebensraum wieder zurückholen. Wo er da genau unterwegs ist, verrät er aber nicht.

Mit 120 Fotos zeigt dieser Bildband alle Möglichkeiten der Urbex-Fotografie. Von nebelverhangenen Industrieruinen zu gestochen scharfen HDR-Aufnahmen von leerstehenden Villen. Windisch ist definitiv an Orten unterwegs, in die man nicht so einfach hineinkommt. Auch das österreichische Parlament hat er während des Umbaus fotografiert. „Nicht wirklich lost, aber dann irgendwie doch“, schreibt er dazu.

In den letzten Jahren hat Windisch sich international als ein renommierter Fotograf von Lost Places einen Namen gemacht. Seine Bekanntheit verdankt er Fernsehreportagen bei Galileo sowie zahlreichen Ausstellungen und Auszeichnungen. Im Jahr 2020 erzielte er einen großen Erfolg mit der Veröffentlichung seines Buches „Verlassene Orte in der Steiermark“ im Sutton Verlag. Jetzt gibt es den Nachfolgeband.

Verlassene Orte in Östereich - Thomas Windisch
Verlassene Orte in Österreich

Die Faszination des Verfalls
von Thomas Windisch

Sutton Verlag
168 Seiten, Deutsch, gebundene Ausgabe

€ 34 – jetzt bestellen

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Dokument des Wandels

Die 100 Orte, die in „STILLGELEGT“ vorgestellt werden, sind nach ihrer ursprünglichen Nutzung in fünf Kapiteln organisiert. Produzieren, Leben, Bilden, Transportieren und Schützen. Die eindrucksvollen Aufnahmen sind ein Dokument des Wandels und zeigen ungenutzte Werkhallen, verfallene Heilanstalten, Kultur- und Sportstätten, Kriegsdenkmäler, Bunker und Kasernen, die dem Zahn der Zeit trotzen.

Die politischen Konstellationen änderten sich, Industriezweige wurden aufgegeben, Orte verloren ihre Bedeutung. Diese Bilder erzählen von Aufbruch und Unternehmergeist im ausgehenden 19. Jahrhundert, vom Glauben an Technologie und Fortschritt, von den beiden Weltkriegen, der Teilung Deutschlands und den Veränderungen durch den Fall des Eisernen Vorhangs. Von Dänemark bis Sizilien, von Portugal bis ans Schwarze Meer reicht die Bandbreite. Am Ende jedes Kapitels werden in kurzen, informativen Texten die wichtigsten Fragen zu den Objekten beantwortet: Wann und von wem wurden sie gebaut? Für welche Nutzung? Wieso wurden sie verlassen? Wie ist der Zustand heute? Ob man sie besuchen kann, muss man selbst herausfinden.

Stillgelegt
100 verlassene Orte in Deutschland und Europa von Thomas Kemnitz, Robert Conrad, Michael Träger
Stillgelegt

100 verlassene Orte in Deutschland und Europa
von Thomas Kemnitz, Robert Conrad, Michael Träger

Dumont Verlag
223 Seiten, Deutsch, Softcover

€ 31,95 – jetzt bestellen

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Schaurig schöne Orte

Der neue Bildband von Lonely Planet nimmt euch auf eine unheimliche Reise zu den merkwürdigsten und angsteinflößendsten Orten auf der ganzen Welt mit. Von weltberühmten Schreckensplätzen über verlassene Städte, in denen der Wind einsam weht, bis hin zu beängstigenden Naturphänomenen, die einem Schauer über den Rücken jagen. Es sind nicht nur gespenstige Naturstätten, an denen Legenden zufolge unheimliche Wesen lauern, sondern auch von Menschen geschaffene Orte, die dem Leben feindlich gegenüberstehen und großes Gruselpotenzial bieten.

Mit dabei sind makabre Orte wie die Isla de las Muñecas in Mexiko, wo eine Sammlung von Puppen auf einer Insel für Gänsehaut sorgt. Oder auch verlassene Stätten wie die Insel Hashima in Japan, die einst eine boomende Kohlestadt war, aber heute eine Geisterstadt ist. In Rumänien, im Hoia Baciu, wird das „Bermudadreieck Europas“ erkundet, ein mysteriöser Wald mit unerklärlichen Phänomenen. Und in Tschechien das Ossarium von Kutná Hora, in dem die Knochenreste von rund 40.000 Menschen die dekorative Innenausstattung bilden.

Das ideale Buch für Abenteurer und Gruselfans, die die dunklen Seiten unserer Welt erkunden möchten. Ganze gemütlich von Zuhause aus.

Schaurige Welt
90 Orte zum Fürchten und Staunen von Jörg Martin Dauscher, Corinna Melville, Jens Bey
Schaurige Welt

90 Orte zum Fürchten und Staunen
von Jörg Martin Dauscher, Corinna Melville, Jens Bey

Lonley Planet
256 Seiten, Deutsch, gebundene Ausgabe

€ 31,95 – jetzt bestellen

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Fazit

Egal ob Österreich, Europa oder irgendwo sonst auf der Welt. Schaurig schöne Orte gibt es überall. Lost Places und Urban Exploring sind wie ein Fenster in die Vergangenheit unserer Städte. Diese geheimnisvollen Orte erzählen Geschichten, die vergessen wurden, und wecken die Neugierde in uns. Aber gerade Anfänger:innen sollten sich eher an leichter zugängliche Orte begeben oder geführte Touren in Anspruch nehmen. Und während das Abenteuer lockt, sollten wir nie vergessen, die Geschichte zu respektieren, die diese Orte zu erzählen haben. Vergiss also das Motto der Urban Explorer nicht. Die schaurig schönen Plätze sollen so erhalten werden, wie du sie vorgefunden hast.


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