Das Crossing Europe eben …
Es scheint eine einfache Frage: Warum ist das Crossing Europe so besonders? In der vergangenen Woche habe ich mit Freund:innen, Kolleg:innen und Bekannten gesprochen und gemeinsam haben wir versucht, eine Antwort darauf zu finden. Ob wir diese gefunden haben … lest selbst.
Vor Kurzem wurde ich gefragt, warum das Crossing Europe eigentlich so wichtig für mich ist. Ich wusste nicht so recht, was ich darauf antworten sollte. Vom ersten Besuch an war für mich offensichtlich, dass dieses Festival einen ganz besonderen Stellenwert für mich haben würde. Mit den Jahren hat sich diese Annahme bestätigt. Heute ist das Filmfestival als Fixpunkt im Jahreskalender eingeplant. Inspiriert von dieser Frage schreibe ich nun diesen Artikel und versuche, eine Antwort darauf zu finden.
„DAs Ambiente machts …“
Um eine gute Festivalstimmung entstehen zu lassen, benötigt man zuallererst eine passende Location. Beim Crossing Europe sind das die Säle der Linzer Innenstadtkinos Citykino und Moviemento, sowie der Saal des Cafe Central. Zwischen den Spielstätten spielt der OK-Platz eine entscheidende Rolle. Bei so schönem Wetter, wie es dieses Jahr der Fall war, gibt es kaum einen besseren Platz zum Verweilen. Eine kühle Erfrischung in der Hand, vielleicht sogar eine schmackhafte Stärkung oder einfach nur bekannte Gesichter gegenüber, um über den zuletzt gesehenen Film zu diskutieren.
Diese Aufteilung der Lokalitäten, im Vergleich zu manch anderen Festivals, lädt besonders zum Verweilen ein. Durch die Nähe zueinander ist man als Besucher:in nicht dem Stress ausgesetzt, schnell in das nächste Kino hetzen zu müssen, um den nächsten Film zu erwischen. Ganz gemütlich bietet das Festival die Möglichkeit, sich Zeit zu nehmen, die Filme erstmal sacken zu lassen und sich in Ruhe Gedanken darüber zu machen, was man gerade gesehen hat. Auch neue Bekanntschaften zu schließen, alte Bekannte wiederzusehen und über die Filme, deren Inhalte und technische Details zu diskutieren. Das ist ein Beweis für den offenen und menschlichen Zugang zu Kino, welcher von der Festivalleitung und dem ganzen Team kommuniziert und gelebt wird. Die niederschwellige Vermittlung von Film und Kino ist im Programm und am ganzen Festival zu merken.
„Ich fühle mich als Europäer:in!“
Das ist ein Kommentar zu der bereits vorgestellten Frage: „Ich fühle mich als Europäer:in!“. Ein Gefühl, das durch die vielen Sprachen und die unterschiedlichen Nationalitäten aufkommt. Linz wird während des Festivals zur Weltstadt und bringt ganz Europa auf den OK-Platz. Es entsteht eine eigene Welt, die es nur schweren Herzens heißt, jedes Jahr wieder zu verlassen. Es fühlt sich wie eine Reise an. Eine Reise, die einen jedes Jahr wieder an einen anderen Ort bringt – je nach Belieben und Filmprogramm sogar im Stundentakt.
Auch die Menschen selbst sind ein ganz wichtiger Teil des Festivals. Die Besucher:innen und Gäste, die diese vielen Sprachen sprechen. Jene, mit denen man die Kinos verlässt – in Stille, mit einem Lächeln im Gesicht, mit schwerem Herzen oder mit ganz vielen Fragezeichen – um daraufhin gemeinsam zu diskutieren, von den Filmen zu schwärmen, sich über Aspekte aufzuregen oder ganz unterschiedlicher Meinung zu sein. Es sind dabei nicht nur die altbekannten Gesichter, die man jedes Jahr hier sieht. An kaum einem anderen Ort habe ich das Gefühl, mehr tolle Menschen kennenlernen zu dürfen. Offen und ehrlich kann man mit Fremden über die verschiedenen Aspekte des Lebens sprechen. Nicht selten ist man danach eine Bekanntschaft reicher. Dabei kann man sich fast sicher sein, sich in einem Jahr am selben Platz wiederzutreffen, um das Gespräch fortzuführen.
„Dass wir gemeinsam etwas schaffen.“
Im Falle unserer subtext-Familie, die unter anderem zur Berichterstattung und fotografischen Dokumentation am Festival tätig ist, bedeutet das Crossing Europe auch immer Arbeit. Unsere Aufgaben sind: verschiedene Artikel schreiben, lektorieren und veröffentlichen, fotografieren, filmen, bearbeiten und hochladen, usw. Da ich auch hier meine Frage in den Raum gestellt habe, sind darauf auch Antworten bezüglich dieses Aspekts des Festivals aufgekommen. Das Besondere in diesem Zusammenhang ist, dass über die Festivalwoche hinweg etwas gemeinsam geschaffen wird. Wir dürfen zu einem Thema, das uns Spaß macht, arbeiten und unsere Kreativität ausleben. Denn obwohl wir es Arbeit nennen, ist es die schönste Art von Arbeit. Die Arbeit, nach der man vollkommen erschöpft und mit einem Lächeln auf den Lippen einschläft. Die „schöne Müdigkeit“, wie es ein:e Kolleg:in formuliert hat.
Das Besondere daran …
Rund um das Crossing Europe bildet sich eine Blase, eine eigene kleine Welt. In dieser Blase sind ganz viele Filmmenschen. Manche sind da, um die Luft nur wenige Stunden zu schnuppern, ganz frisch und neugierig. Manche davon alte Hasen und seit Anbeginn mit dabei. Manche laden in diese Blase fremde Menschen ein, wodurch die Leidenschaft von Generation zu Generation weitergegeben werden kann. Manche davon sind einfach Nerds, die das Maximum aus dem ergatterten Festivalpass holen wollen. Manche sind einfach da, um es zu genießen. Trotz der Vielfalt und Größe hat das Festival die gemütliche Heimeligkeit nicht verloren. Es bietet einen Raum, in welchem man gerne Zeit verbringt und es jedes Jahr eine Freude ist, zurückzukehren.
Für mich ist das Festival ein eigenes Universum. In diesen sechs Tagen kann ich meiner Realität entfliehen und mich in ganz andere flüchten. Das Festival ist für mich ein Ort, an dem ich vor einigen Jahren aufgenommen wurde und eine Familie gefunden habe. Manche dieser Menschen darf ich inzwischen sogar sehr gute Freund:innen nennen. Das Festival hat einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen und ich denke nicht, dass ich die Frage, warum das so ist, voll und ganz beantworten kann. Mein Versuch, es durch ein paar wenige Aspekte zu erklären, zeigt, dass es in Summe ein Gefühl ist, das wir alle unterschiedlich interpretieren, aber doch zu spüren bekommen.
filmfestival linz
29 april – 04 mai 2025
www.crossingeurope.at
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