Maria Lassnig Kantate
Bild: sixpackfilm

Die Obession mit dem Körper: Maria Lassnigs Kurzfilme

Kann ein ganzes Kurzfilmwerk ein übergeordnetes Thema haben? Vor allem wenn diese so unterschiedliche Titel wie „Chairs“, „Selfportrait“ oder „Art Education“ tragen?

Bei Maria Lassnigs oft unbekanntem filmischen Werk kann man diese Frage definitiv mit einem Ja beantworten. Es sind Körper, besonders menschliche, die von der österreichischen Künstlerin meist in Stop-Motion-artigen Filmen in Szene gesetzt werden. Im Rahmen der „Female Tracks 2022“ hat das Programmkino in Wels ein ausgewähltes Sammelsurium an Kurzfilmen der berühmten Künstlerin präsentiert, zumal besonders ihr Schaffen im Bewegtbild bis heute größtenteils unbekannt ist. Und es ist mit Sicherheit weit von dem entfernt, was die meisten heute als Kinoerlebnis verstehen. Maria Lassnigs Filme sind abstrakt, komisch aber auch irgendwie lustig. Sie sind an manchen Stellen peinlich, haben aber auch keinerlei Scheu vor Ernsthaftigkeit.

Needs and desires. This is life.

Auszug aus dem Kurzfilmwerk von Maria Lassnig

Mit Stichwörtern wie Macht, Sex, Religion und Tod nimmt sie sich großen Themen an und bereitet diese auf eine Art und Weise auf, die viel Raum für Interpretation lässt, aber doch extrem klar wird. Die Filme, die sie da während ihres Aufenthalts in New York in den 70ern erschaffen hat sind welche, über die man endlos diskutieren kann, ohne überhaupt verschiedene Ansichten teilen zu müssen.

Von der jungfräuligkeit
zur Midlife-Crisis

Stilistisch arbeitet sie dabei oft mit einer autodidaktisch erarbeiteten Stop-Motion Technik. Es wirkt imperfekt, trägt aber genau darin ganz viel Charme. Steigt sie dann auf Realaufnahmen um – wovor sie sich auch nicht inmitten eines Films scheut – bedient sie sich häufig der Doppelbelichtung und Überlagerung. Auch dabei hält sie immer auf (nackte) Körper und zeigt diese aus all ihren Perspektiven. Immer mit dabei ist die Abstraktion – egal ob durch skizzenhaftes Aussehen und expressionistische Zeichenelemente oder durch einen deformierten Spiegel, durch den gefilmt wird. Besonders auffällig ist dann noch ihre Musikwahl, die gerne weit entfernt von heutiger Popkultur zu finden, aber immer ohne Wenn und Aber perfekt auf das Werk passt. Zum Schmunzeln bringt einen dann noch der stark österreichische Akzent eines englischen Voice-Overs.

Ihre Aufbereitung lässt einen dabei in eine andere Welt übergehen, in der es sich gut anfühlt, alles zu hinterfragen und Rollen aufzubrechen. Es fühlt sich an, als würde eine Midlife-Crisis nach der anderen von Lassnig aufgearbeitet und anschließend hinter sich gelassen werden. Bekommt man irgendwelche konkreten Antworten? Nein, aber dafür nimmt man sich viele wertvolle Gefühle und Werte mit.

Es ist ein erstaunliches Werk. Ein sehr feministisches obendrein, welches sich mit Themen beschäftigt, die leider noch immer viel zu aktuell sind. Besonders Männer werden in ihrer oftmals unpassenden Interaktion mit Frauen porträtiert, zu meinem Erstaunen auf humoristische Art und Weise. Abschließend lässt sich das filmische Werk Lassnigs auf jeden Fall als sehenswert und gesellschaftspolitisch hoch relevant bezeichnen.

Im Zweifel vor dem großen Screen oder hinter der Kamera.