Filmstil aus dem Film "She Chef"
Foto: Crossing Europe

She Chef

Ein Film aus der Rubrik Arbeitswelten, der die junge Köchin Agnes auf ihrer Reise zu mit Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurants begleitet. Dort kämpft sie sich als teilweise unbezahlte Arbeitskraft durch den anstrengenden Alltag einer Köchin und muss sich in der Küche beweisen.

Der Film von den Regisseuren Melanie Liebheit und Gereon Wetzel, begleitet die Köchin Agnes durch drei renommierte Restaurants in Köln, Barcelona und den Färöer Inseln. Während der Dokumentation gibt sich Agnes immer sehr natürlich vor der Kamera, wodurch man sich als Zuschauer:in eher als stille:r Beobachter:in fühlt. Die Dokumentation verzichtet auf Interviews, wodurch die Handlung nur von den Interaktionen der (vor allem männlichen) Köche mit Agnes erzählt wird. Die Gefühlswelt wird dabei oft schön durch verschiedene Kameraperspektiven und die Filmmusik eingefangen.

Der Feministische Aspekt in She Chef

Filmstil aus dem Film "She Chef"
Foto: Crossing Europe

Die Küchen werden vor allem von männlichen Köchen dominiert. Vorwiegend besetzen Männer die höheren Positionen. Das ist für alle Zuseher nichts neues und wird im Film natürlich gezeigt. Teils misogyne Aussagen kommen im Film vor, werden aber für mich zu wenig angesprochen. Der Film teasert das Thema mit laut gedachten Zukunftsgedanken von Agnes an und mit weiblich konnotierten Eigenschaften, die ihr von den männlichen Kollegen zugeschrieben werden. Wirklich angesprochen wird die Abwesenheit von Köchinnen aber nicht. Auch die misogynen Kommentare werden lediglich belächelt und so stehen gelassen.

Für mich ist das leider eine verpasste Chance. Von einer weiblichen Regisseurin hätte ich persönlich mehr erwartet. Der Film handelt von einer weiblichen Köchin, die sich in der männlich dominierten Welt durchsetzen möchte. In einem kurzen Gespräch äußert sie, dass sie Familie und Karriere vereinen möchte. Eine Problematik, die viele Frauen betrifft und vor allem in Sternerestaurants eine besondere Herausforderung zu sein scheint. Ein Film mit dem Namen „She Chef“, der eine Kochweltmeisterin begleitet, könnte das Thema Feminismus viel mehr zur Sprache bringen. Tut er aber nicht – schade.

Um aber trotzdem auf der „feministischen-Trend-Schiene“ zu fahren, gibt Agnes am Ende doch noch ein Statement ab: Sie fühlt sich auf den Färöer Inseln wohl, weil sie als Frau nicht mit ihren männlichen Kollegen konkurrieren muss. Für mich keine Überraschung, denn in den nordischen Ländern ist Gleichberechtigung generell schon fortgeschrittener als in Österreich. Außerdem arbeitet sie in einem Team, das sich vor allem durch Zusammenhalt und Teamgeist auszeichnet. Das ist der Grund warum sie am Ende auch in diesem Restaurant bleibt. Das Statement wirkt für mich geskriptet, um das Thema zwar trivial anzuschneiden, ohne aber der breiten Masse missfallen zu wollen. Mir fehlt hier der Mut, sich mit diesem wichtigen Thema ausreichend auseinanderzusetzen.

Die Handlung: Die Reise der Köchin

Filmstil aus dem Film "She Chef"
Foto: Crossing Europe

Alle drei Restaurants verbindet nicht nur die Auszeichnung mit Michelin Sternen, sondern auch die Abneigung der Köche gegen Vegetarier und Allergiker. Mit viel Charme, Witz und Geduld für Agnes lernt man ihre Kollegen und sie in den unterschiedlichsten Situationen kennen. Im Vendrome werden die Bilder vor allem durch Schnelligkeit und etwas Chaos dominiert. Auch die sehr unzimperliche Verarbeitung von Fleisch kommt oft vor die Linse. Gleichzeitig werden aber die Gerichte mit einer ruhigen Hand und Pinzette angerichtet.

In Barcelona startet Agnes im Disfrutar und lernt weitere spannende Kochtechniken von ihren männlichen Kollegen. Die Kreativität der Küche, die weniger enge Verbindung zu den Kollegen und die Pandemie beeinflussen hier vor allem die Erfahrung von Agnes.

In Deutschland wird ihr von ihrem Freund und alten Kollegen des Vendrome ein Job angeboten, den sie aber schweren Herzens ablehnt, weil sie auf den Färöer Inseln ihren Platz findet. Spannend ist hier vor allem die enge Verbindung der Köch:innen und die radikale Regionalität in der Küche. Man sieht die Köche Napfschnecken ernten und beim Kräuter suchen im Wald.

Fazit

Für mich hat der Film leider keine definitive oder neue Aussage. Wir wissen, dass der Alltag in Küchen stressig ist. Wir wissen, dass es Frauen im Beruf schwerer haben als ihre männlichen Kollegen. Wir wissen, dass Teamwork im Beruf schön und wichtig ist. Der Film ist durch die Einblicke in die verschiedenen Sterne-Restaurants interessant. Die Kameraführung, Bilder und Musik sind wirklich schön abgestimmt. Agnes zeigt sich als hervorragende und talentierte Köchin und vielschichtige Persönlichkeit. Gesamt reicht mir das aber nicht für einen Film, der so viel tiefer gehen könnte.


She Chef

Regie: Melanie Liebheit, Gereon Wetzel

Deutschland / Österreich 2022, 105 Minuten, Dänisch / Deutsch / Spanisch / Englisch
Protagonist:innen: Agnes Karrasch, Dennis Melzer, Niño Fiordside Andersen

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Crossing Europe 2023

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filmfestival linz
26 april – 01 mai 2023
www.crossingeurope.at

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Ich bin wahrscheinlich die Definition von Jack of all Trades. Ich liebe es vieles zu machen, sonst kommt die Unruhe in mir zum Vorschein. "Fake it till you make it", ist einer meiner Lieblingssätze, denn wenn ich etwas machen möchte, mach ich's eben einfach. Deswegen bin ich: Eventmanagerin, professionelle Tänzerin, Tanztrainerin, Content Creator, Bloggerin, Sprecherin/ Moderatorin in Ausbildung und vieles mehr. Ich freu mich, wenn ihr meine Beiträge lest und über eure Nachrichten!