Only on Earth – Ohne Worte
Im Süden von Galicien leben seit Jahrhunderten Wildpferde, die eine essenzielle Rolle in der Bekämpfung von Waldbränden spielen, da sie das Unterholz niedrig halten. In gewaltigen Bildern versucht die Regisseurin, sich dem Thema mithilfe diverser Persönlichkeiten zu nähern.
Vom Brandanalysten bis hin zum jungen Burschen, der noch Cowboy werden möchte. In nüchterner Erzählweise folgt der Film diversen Personen, die in Galicien das Leben zu bewältigen versuchen. Es ist eine der am stärksten von Waldbränden heimgesuchten Regionen Europas, wo gleichzeitig eine Großzahl von wildlebenden Pferden beherbergt ist.
Anfangs wird noch einer Tierärztin in ihrem Alltagsleben mit den Pferden gefolgt, ehe in der zweiten Hälfte des Films Brände zu wüten beginnen. Dabei wird die Kamera gerne einfach, nüchtern und ohne viel Schnickschnack ins Geschehen gehalten.
Welt anschauen
Mit seinen langen, weit winkeligen und meist statischen Einstellungen merkt man dabei gleich zu Beginn, dass das hier trotz seines Themas kein aktionsreicher Film werden wird. Minutenlang wird einfach die Landschaft eingefangen, die von zahlreichen Windrädern unterbrochen wird. Dazwischen tummeln sich dutzende Pferde. Rund 10.000 sind es noch an der Zahl, die sich frei in Galicien bewegen. Das ist ein Schrumpfen von ca. der Hälfte, wie kurz einmal erwähnt wird.
Die Kompositionen erinnern dabei immer wieder an Wimmelbilder. Die Kamera steht gerne ohne Bewegung nahe am Geschehen. Vor allem gegen Ende des Films, wenn so die wuchtigen, dystopischen Bilder von Waldbränden und in Relation dazu die verschwindenden Menschen gezeigt werden, entwickelt das eine imposante Bildwelt. Dazu ergänzend kommt eine Soundkulisse, die nur ganz manchmal von dumpfer Musik unterstützt wird, meist aber ganz alleine auskommt. So entsteht ein Gesamtpaket aus Ton und Bild, von dem man seine Augen und Ohren nur schwer lösen kann.
Welt verstehen?
Abseits der Bilder lässt sich die Lobeshymne allerdings nicht fortführen. Denn der Film erzählt nur wenig bis gar nichts. Schon alleine, dass sich der Film erst nach der Hälfte dazu entscheidet, Waldbrände zu thematisieren, ist ein geschichtlicher Umschwung, der völlig ungelenk ist. Fakten zu Pferden bleiben größtenteils auf der Strecke, die Menschen dahinter werden zwar gefilmt, aber bis auf den kleinen Pedro gar nicht charakterisiert. Es gibt keine Beweggründe, keine Ängste, keine Lebensumstände, die Emotionen über die Leinwand hinweg transportieren würden. Man fragt sich so ständig, worüber überhaupt erzählt werden soll. Wildlebende Pferde? Waldbrandbekämpfung in Galicien? Die Menschen dahinter? Alles kommt irgendwie vor, nichts davon so richtig. Das Schlussbild, in dem Pferde im Nebel verschwinden, ist dabei für die Geschichte sehr bezeichnend: Im Nebel verschwindend.
Es wäre sogar eine Überlegung wert gewesen, die ganze erste Stunde wegzulassen und direkt mit den Bildern der Feuer zu starten. Denn es wird kaum Relation zwischen den beiden Hauptthemen hergestellt. Es endet in bloßem Intercutting zwischen Pferden und Feuer, niemals wird beides in der Symbiose dargestellt, die doch eigentlich behandelt werden sollte. Das ist jammerschade, denn die Möglichkeit, die Menschen im Feuer so nah filmen zu können, führt zu wirklich einzigartigen Aufnahmen, die man nicht so schnell vergisst. Doch wenn man am Ende das Kino verlässt, fühlt man sich trotzdem leer und alleingelassen. Als Dokumentation mit solch einem Thema sollte Only On Earth einen viel besser an der Hand nehmen, als einen einfach ins Feuer zu werfen.
Fazit
Only On Earth ist ein Film, der aufgrund seiner Thematik unweigerlich Bildgewalten einfängt, die Eindruck hinterlassen. Es ist aber auch der Beweis dafür, dass grandiose Bilder und Sound keineswegs ausreichend dafür sind, eine eindrückliche Geschichte zu erzählen. Vor allem, wenn noch nicht einmal der Versuch dessen erkennbar wird. So bleibt am Ende ein Film zurück, der großes Potenzial leider einfach liegen lässt.
Only On Earth
Regie: Robin Petré
93 Minuten, Spanisch / Galicisch, OmEu
Mit Cristina Campero, Manuel ‚San‘ Martínez, Pedro Vázquez
filmfestival linz
29 april – 04 mai 2025
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