Alma & Oskar
Foto: Aliocha Merker

Alma und Oskar

Der neue Film von Dieter Berner geht unter die Haut. Authentische Bilder vermitteln die impulsive Liebesgeschichte zwischen der verwitweten Komponistengattin Alma Mahler und dem exzentrischen Künstler Oskar Kokoschka.

Nach dem Film „Egon Schiele: Tod und Mädchen“, welcher mit diversen Filmpreisen ausgezeichnet wurde, gelingt es Regisseur Dieter Berner erneut, in dieser Epoche Fuß zu fassen. Inspiriert von der Wiener Moderne haucht er der außergewöhnlichen Liebesgeschichte neues Leben ein. Der Film spielt rund um 1912 in Wien, Dresden, Tschechien und in der Schweiz und basiert auf einer wahren Begebenheit. Mithilfe von Briefen, Gemälden und anderen Zeitdokumenten wurde von Hilde Berner-Berger ein Drehbuch für diesen außerordentlichen Film geschaffen.

Ich fühle mich einfach wohl, wenn ich von Genies umgeben bin

Die Hauptprotagonistin Alma Mahler wird von der Schauspielerin Emily Cox gespielt. Der Film beginnt mit dem Tod ihres Mannes, dem Komponisten Gustav Mahler. Alma wird als sehr unabhängige, freiheitsliebende und selbstständige Frau porträtiert. Sie bewegt sich als frisch verwitwete Dame frei in den gehobenen Kreisen der Wiener Gesellschaft und gibt dort den Ton an. Ihr Einfluss in künstlerischen Themen macht auch vor dem Thronfolger nicht halt.

Der Ruf der gebildeten Alma hat aber auch etwas verruchtes an sich. Durch ihre sexuelle Selbstbestimmtheit sagt man ihr auch einen gewissen Umgang mit der männlichen High Society nach. Lange hat sie ihren eigenen Traum, Musik zu machen, hinter die Erfolge des verstorbenen Gustav gestellt. Aber auch die neue künstlerische Freiheit durch den Tod des Komponisten bringt eigene Probleme mit sich. Gleichzeitig steht das nächste Genie seiner Zeit, der Architekt Walter Gropius, bereits auf ihrer Matte und wartet auf eine Vermählung. Auf Oskar trifft sie, als er die Totenmaske ihres verstorbenen Mannes anfertigte.

Ich dulde keine fremden Götter neben mir

Ab der ersten Sekunde verfällt Oskar Kokoschka in den Bann von Alma. Bereits der kurze Moment beim Kennenlernen reicht aus, um sexuelle Fantasien anzuregen. Oskar gilt als das Enfant terrible der Wiener Kunstszene und wird im Film von Valentin Postlmayr gespielt. Den Jugendstil ablehnend betitelt sich der Künstler selbst als einziger Vertreter der Wiener Moderne. Mit seinen expressionistischen Werken und seinem kulturellen Schaffen mischt er Wien auf.

Der Film zeigt Oskar Kokoschka als exzentrischen, störrischen, unheimlich begabten, narzisstisch veranlagten und gewaltbereiten Mann. Mit seiner dialektgeprägten Sprache und auch seiner auffallenden Art sich zu kleiden hob er sich von der noblen Gesellschaft ab. Mit dem Auftrag von Alma, von ihr ein Porträt zu zeichnen, wird der Grundstein für ihr leidenschaftliches Verhältnis gelegt. Alma wird zu seiner Muse und heute weltweit bekannte Werke wie „Die Windsbraut“ oder „Doppelporträt von Oskar und Alma bei der Verlobung“ entstehen. Werke, welche gleichzeitig auch die Echtheit dieser außerordentlichen Beziehung bezeugen.

Den Leichengeruch von Gustav Mahler noch in der Nase

Die Beziehung nimmt ihren Lauf. Sie ist impulsiv. Oskar wird immer besitzergreifender und eifersüchtig auf lebende und tote Männer. Die Enge in der Beziehung nimmt beide die Luft zum Atmen. Beziehungsabbrüche und dramatische Versöhnungen folgen abwechselnd aufeinander. Die Leidenschaft transformiert sich zu einem Spiel um Macht und Abhängigkeit. Die toxische Hingabe wird für beide Seiten existenzbedrohend. Es prallen zwei Welten aufeinander, zum einen die avantgardistische Welt von Alma und zum anderen die derbe, rohe Realität von Oskar. Auch eine Landflucht in den Semmering bringt dem Paar nicht die gewünschte Stabilität und es kommt zum endgültigen Bruch.

Fazit

Ich bin immer noch etwas geschockt von der intensiven und impulsiven Darstellung der Beziehung der beiden Künstler*innen. Regisseur Berner Dieter ist es auf eine außergewöhnliche Art gelungen, gemeinsam mit den beiden Schauspieler*innen Emily Cox und Valentin Postlmayr die aussichtslose und zum verzweifelnde Liebe in einen Film zu gießen. Die Emotionen lassen einem die gesamten 88 Minuten nicht mehr los und man befindet sich mitten im Gefühlswirrwarr der beiden Protagonist*innen.

Der Film macht Lust, sich länger mit der feministischen Alma und dem begabten Oskar zu beschäftigen und am liebsten würde man sich die Werke der beiden live anschauen (z.B. im Kunstmuseum Basel) oder anhören. Wer jedoch über die Kinoleinwand einen Ausflug in die Wiener Moderne machen möchte, muss sich noch bis zum Kinostart am 07.07.2023 gedulden.


Plakat Alma & Oskar

Alma & Oskar

Spielfilm
AT/CH/DE/CZ 2022, analog – 35mm, 88 min, OmeU
Regie: Dieter Berner
Mit: Emily Cox, Valentin Postlmayr, Táňa Pauhofová, Anton von Lucke, Wilfried Hochholdinger, Virginia Hartmann, Gerald Votava, Cornelius Obonya, Mehmet Ateşçi, Marcello De Nardo, Brigitte Karner und Roland Koch


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