Wilde Jagd im Wald
Foto: Fredrik Öhlander

Der Philosoph im Dorf

In dem neuen Roman von Rene Freund „Wilde Jagd“ machen sich ein alkoholabhängiger Philosoph und eine junge Hellseherin auf die Suche nach einer verschwundenen Pflegerin. In dem kleinen Bergdorf beginnt die mysteriöse Suche und bald sind die Drohungen des großen Unbekannten sehr deutlich, doch am Ende ist alles anders.

Verbannt in sein Elternhaus und schon fast komplett dem Alkohol verfallen, trifft der Philosophieprofessor Quintus Erlach beim Spazieren mit dem Hund auf eine junge Frau. Mitten im Wald scheint sie eine Art Vision zu haben. Befremdet sucht der Professor das Weite, doch keine drei Tage vergehen und er stürzt sich Hals über Kopf in die Suche nach der Leiche der verschwundenen Pflegerin vom alten Reichen des Dorfes. Meistens noch nicht wieder nüchtern und mit Seeigelstacheln im Fuß stolpert er von einem Geheimnis zum nächsten und kämpft während dessen händeringend um Halt in seinem eigenen Leben. Die Ereignisse überschlagen sich und dann hat er auch noch einen Dachschaden.

„ich dachte nicht wahnsinnig gerne nach“

Rene Freund fesselt nicht, er setzt einen mit seinen Büchern in einen gemütlichen Sessel und erzählt augenzwinkernd seine netten kleinen Geschichten. Weggehen will man dann von selbst nicht. Zumindest war es das bis jetzt so. Dieser Roman ist ein bisschen anders. Die Stimmung ist düsterer und die Geschichte geht zeitweise in eine phantastische Richtung. Fast ein Krimi, aber eben nicht ganz. Es passiert viel, da bleibt wenig Zeit für bildliche Beschreibungen von den Örtlichkeiten, obwohl sich Wald, Berge und Morgendämmerungen sehr dafür anbieten würden, aber das ist Geschmackssache. Die Geschichte wirkt ein bisschen überladen und mit Geschichten, Geschehnissen, Erkenntnissen und philosophischen Ausschweifen, die wiederum gut zum Charakter des Professors passen. Es kommen sehr viele Personen vor und ein paar Nebenhandlungen weniger würden nicht fehlen. Der Stoff des Romans hätte für ein doppelt so langes Buch auch gereicht.

„Pass auf dich auf, Quintus“

Der Charakter des Professors erinnert an Hesses Steppenwolf oder Frischs Homo Faber. Der alte weiße Mann, der aus lauter Selbstmitleid seinen Körper zerstört und vor lauter intellektueller Intelligenz eine pubertäre Beziehung zu Frauen hat. Dieser Tatsache wird in dem Roman aber tatsächlich mit Humor begegnet. Hervorzuheben ist der Plottwist am Ende. Man spekuliert und meint ungefähr nach der Hälfte sicher zu wissen, was passiert ist. Doch auf den letzten paar Seiten macht die Geschichte eine 180° Drehung. Also sitzenbleiben im gemütlichen Sessel.

Fazit

Insgesamt ist der Roman gut und angenehm zu lesen, es gibt zwischendrin sehr interessante Gedanken und humorvolle Denkanstöße. Der Roman hat auf jeden Fall den Charme von Rene Freund, wobei dieser bei Titeln wie „Niemand weiß, wie spät es ist“, „Liebe unter Fischen“ oder „Das Vierzehn-Tage-Date“ ein bisschen besser überschwappt. Nichtsdestotrotz kann dieses Buch absolut in einen Nebensaisonurlaub mitgenommen werden.


Wilde Jagd von Rene Freund

Wilde Jagd

von René Freund

Zsolnay
288 Seiten, Deutsch, Kartoniert

€ 18,50
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Für den Kopf im Labor, für die Seele am Schreiben. Wenn ich über ein gutes Buch rede, einfach unterbrechen. Das könnte sonst lang dauern.