Stefanie Sargnagel in Iowa
Foto: Austin Goode

Stolz auf das Kaputte

Was macht eine österreichische Feministin in Amerika? Sich übers Essen beschweren und im, dem Patriarchen zustehenden, Fernsehsessel rumlungern. Mit Humor und einer ordentlichen Portion Träumerei erzählt Stefanie Sargnagel in ihrem neuen Buch „Iowa – Ein Ausflug nach Amerika“ von der dortigen Realität.

Als berühmte österreichische Künstlerinnen werden Stefanie Sargnagel und Christiane Rösinger an eine Privatuni nach Iowa eingeladen. Die beiden entdecken gemeinsam die seltsame Kultur einer verschlafenen amerikanischen Kleinstadt. Von hypergroßen Supermärkten zu amischen Dörfern ist vieles dabei. Doch man spürt die Tristesse. Auch die Besuche in Chicago und L.A. lassen zu wünschen übrig. Amerika fühlt sich in dem Buch an, wie ein fauler Apfel mit leuchtend roter Schale.

Wo ist bitte die versiffteste Kneipe?

Das Highlight dieses Buches sind die Dialoge der beiden Frauen. Nicht nur das durch und durch österreichische kommt bei Sargnagel deutlich durch, auch ihr feministischer punker Humor lockert das ganze ziemlich auf. Man lernt die beiden Frauen, mit ihrem großen Altersunterschied auf eine sehr vertraute Art kennen. Die Autorin beschreibt sich mit einer rauen Ehrlichkeit, die keinen Platz für affektiertes Sternchendarsein lässt. Sie spricht über das im Mittelpunktstehen wollen und gleichzeitig schüchtern bei Partys sein. Sich gerne auf Bühnen bejubeln lassen und sich in der ranzigsten Absteige am wohlsten fühlen. 

Das Hin und Her des Lebens

Stefanie Sargnagels Buch ist in für die sozial media geschädigte Gesellschaft ein Anker auf den Boden. Wie ein einziger großer Aha-Moment. Es gibt sie nicht, diese ganzen tollen perfekten und berühmten Menschen. Sie sind alle genauso wie wir. Sie hören nicht gerne Kritik und führen gerne besoffene Gespräche in Eckkneipen. Alle sind sie, eigentlich depressiv und wollen anderen gefallen. Darum haben Feministinnen jetzt auch lange Haare. Und die die es nicht sind, haben gröbere Probleme. 

Fazit

Das Buch spricht fast unscheinbar am Rand, große gesellschaftliche Probleme an. Gewalt, Armut, Einsamkeit, Geschlechterkampf, Obdachlosigkeit und das alles eingepackt in die hilflose Ichbezogenheit der ganzen Menschheit. Eine sehr heilende kalte Dusche, um nach der latenten Überdosis Hollywood und social media den Boden der Realität wieder zu finden. Ohne Spannung und ohne Drama, aber mit vielen Lachmomenten und feministischem Fäusteballen. 


Stefanie Sargnagel - Iowa

Iowa

Ein Ausflug nach Amerika
von Stefanie Sargnagel

Rowohlt
301 Seiten, Deutsch, gebundene Ausgabe

€ 22,70 – jetzt bestellen

Zur Leseprobe


Disclaimer: Wir bekommen für die Artikel keine Bezahlung und verdienen auch nichts an Affiliate-Links. Aber wir unterstützen gerne den lokalen Buchhandel und empfehlen, nicht bei Amazon zu kaufen.

Für den Kopf im Labor, für die Seele am Schreiben. Wenn ich über ein gutes Buch rede, einfach unterbrechen. Das könnte sonst lang dauern.